Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat am 16. Januar 2024 Eckpunkte für eine Reform des Kindschaftsrechts und des Abstammungsrechts veröffentlicht. Damit legt das BMJ erste konkrete Vorschläge vor, wie die im Koalitionsvertrag angekündigte Modernisierung des Familienrechts umgesetzt werden soll.  

Ziel der Reform des Kindschaftsrechts ist es, die Regelungen im Sorge-, Umgangs- und Adoptionsrecht so zu modernisieren, „dass sie allen in der Gesellschaft gelebten Familienformen hinreichend Rechnung tragen und die Rechtsstellung von Kindern gestärkt wird“. Bei der Reform des Abstammungsrechts sollen die zugrundeliegenden Regelungen „in zeitgemäßer Weise fortgeschrieben und die Defizite des geltenden Rechts behoben werden, ohne dass dabei bewährte Grundsätze aufgegeben werden.“

Insgesamt wird angestrebt, damit vor allem die gelebte Realität von Trennungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien in ihrer Vielfalt besser als bisher im Familienrecht abzubilden. Aus Sicht des Bundesforum Männer ist das ein wichtiges und seit langem überfälliges Vorhaben.

Das Zwei-Eltern-Prinzip soll grundsätzlich beibehalten werden. Zukünftig sollen aber zwei rechtliche Mütter ebenso möglich sein, wie verbindliche Elternschaftsvereinbarungen vor der Zeugungbspw. in Konstellationen, wo ein schwules und ein lesbisches Paar gemeinsam eine Familie gründen wollen. Zudem sollen im Familienrecht Vereinbarungen zu sorgerechtlichen Befugnissen mit bis zu zwei weiteren Personen jenseits der Eltern möglich sein (kleines Sorgerecht). Änderungen soll es darüber hinaus bei der Feststellung bzw. Anfechtung der Vaterschaft sowie bei den Möglichkeiten von Kindern geben, die eigene Abstammung feststellen lassen zu können.  

Im Sorge- und Umgangsrecht sind verschiedene Neuerungen geplant, um die Gestaltungsautonomie und -optionen der Eltern zu vergrößern, auch mit Blick auf die Stärkung einer am Kindeswohl orientierten partnerschaftlichen Betreuung im Trennungsfall. Zugleich soll der Schutz von Kindern und Partner:innen vor Gewalt zukünftig im Sorge und Umgangsrecht systematisch Berücksichtigung finden. Darüber hinaus ist geplant, die Vielfalt von Betreuungsmodellen im Trennungsfall im Gesetz besser abzubilden. Kinderrechte sollen ebenso gestärkt werden wie die Rechte unverheirateter Väter mit Blick auf das gemeinsame Sorgerecht. Zudem soll das Adoptionsrecht liberalisiert werden. 

Der Modernisierungsbedarf im Familienrecht ist groß und besteht seit vielen Jahren. In den vergangenen Wahlperioden ist es nicht gelungen, das Familienrecht substanziell zu reformieren. So gesehen kommen die Eckpunkte nun auch diesmal sehr spät. Denn es geht um tiefgreifende Veränderungsvorschläge und bereits jetzt ist abzusehen, dass diese – je nach Standpunkt und Blickwinkel – sehr unterschiedlich bewertet werden. Für das Gesetzgebungsverfahren und eine begleitende öffentliche Debatte sollte also ausreichend Zeit zur Verfügung stehen. Bis zum Ende der Legislatur bzw. bis zum einsetzenden Bundestagswahlkampf bleibt aber nun kaum mehr als ein Jahr. Das ist für ein Gesetzgebungsprozess dieser Reichweite nicht viel. 

Die Gelegenheit zu einer umfangreichen Stellungnahme zu den beiden Eckpunktepapieren werden wir als Bundesforum Männer gesondert wahrnehmen und den nun anstehenden weiteren Prozess konstruktiv-kritisch begleiten.