2019 wurde die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie beschlossen, um in der Europäischen Union notwendige Mindeststandards zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu setzen. Die Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Aufteilung von Haus-, Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern sollen damit verbessert werden. Auch die aktuelle Bundesregierung hat sich dies zum Ziel gesetzt. Die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie muss bis August 2022 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Einführung einer Vaterschaftsfreistellung (Artikel 4 „Vaterschaftsurlaub“) ist ein zentraler Bestandteil der Richtlinie – eine solche Leistung gibt es in dieser Form in Deutschland bisher nicht, anders als in anderen EU-Mitgliedsstaaten. 

Das Bundesfamilienministerium hat nun einen Referent:innenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vorgelegt. Die Vaterschaftsfreistellung wird darin aber mit keinem Wort erwähnt, obwohl die Bundesregierung mit ihrem Koalitionsvertrag im November 2021 angekündigt hat, „eine zweiwöchige vergütete Freistellung für die Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes ein[zu]führen.“ Als Bundesforum Männer sind wir darüber sehr irritiert.

Wir hätten mindestens erwartet, dass der vorliegende Referent:innenentwurf einen Hinweis darauf enthält, ob dieses Vorhaben im Rahmen der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie umgesetzt wird – und wenn nicht, wann und wie dies in anderer Weise geschehen soll. 

Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer des Bundesforum Männer e.V.

Als Dachverband für gleichstellungspolitische Anliegen von Jungen, Männern und Vätern fordern wir von der Bundesregierung, dass diese wichtige und weichenstellende Maßnahme möglichst rasch in dieser Legislatur umgesetzt wird.Das hatten wir im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 nochmals klar zum Ausdruck gebracht. Wir sind davon überzeugt, dass die Einführung einer solchen neuen und eigenständigen familien- und gleichstellungspolitischen Leistung, die über die Regelungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz hinausgeht, die Väterbeteiligung an der Sorgearbeit und auch an der Elterngeldnutzung weiter erhöhen wird. Wir erwarten, dass diese väterpolitische Maßnahme auch offensiv politisch kommuniziert wird, um ein deutliches Zeichen zu setzen: Eltern sind in der gemeinsamen Verantwortung für Kinder – und Väter sind von Anfang an wichtig.  

Wir fordern die Bundesregierung auf, zeitnah zu klären und öffentlich bekannt zu machen, wann und in welcher Form eine vergütete Freistellung für Väter (und zweite Elternteile) nach Geburt neu gesetzlich eingeführt werden soll, wenn dies nicht im Rahmen der Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtline in nationales Recht geplant ist.