Gewalt und Männlichkeit: BFM Fokusthema im November

Ob Weltmännertag, Internationaler Männertag, Orange the World oder die Einordnung von Gesetzesentwürfen – Im November haben wir uns intensiv mit dem Thema Gewalt und Männlichkeit:en auseinandergesetzt.

Weltmännertag

Am 3. November haben wir anlässlich des Weltmännertags auf alarmierende Zahlen der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz aufmerksam gemacht: Über 50 Prozent der hilfesuchenden Männer mussten 2023 abgewiesen werden. Mit nur 15 Schutzwohnungen in 5 Bundesländern gibt es zu wenig Plätze. Wir unterstützen die Forderung nach einer flächendeckenden Versorgung, denn häusliche Gewalt gegen Männer ist noch immer ein Tabuthema, das mehr Aufmerksamkeit braucht.

Internationaler Männertag und Orange the World

Zum Internationalen Männertag am 19. November richtete das BFM den Blick auf die Verknüpfung von Geschlechterrollen und Gewalt. In einer Stellungnahme haben wir betont, dass Gewaltprävention nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern mit der kritischen Reflexion von Männlichkeitsbildern einhergehen muss. Am  25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, haben wir die Kampagne „Orange the World“ von UN Women unter anderem über unsere Social-Media-Kanäle unterstützt.  

Gewalthilfegesetz: Ein Schritt nach vorne – aber es braucht mehr 

In unserer Stellungnahme zum geplanten Gewalthilfegesetz, die Ende November veröffentlicht wurde, haben wir den Gesetzentwurf begrüßt. Erstmals könnte damit eine verbindliche Finanzierung für Schutz und Beratung geschaffen werden. Davon würden vor allem die vielen betroffenen Frauen profitieren. Zugleich haben wir deutlich gemacht, dass auch Männer als Betroffene dabei ebenfalls stärker berücksichtigt werden müssen und es insgesamt deutlich mehr Anstrengungen bei der Gewaltprävention braucht. 

Gewaltschutzgesetz: Weitere wichtige Schritte zur Stärkung von Schutz und Prävention

Die vorgeschlagene Novellierung des Gewaltschutzgesetzes haben wir in unserer Stellungnahme vom 13.12.2024 ebenfalls positiv bewertet und dabei zugleich auf Potentiale für Nachbesserungen und Weiterentwicklungen hingewiesen. Insbesondere im Bereich der Prävention braucht es über die Täterarbeit hinaus flächendeckend mehr geschlechterreflektiere Jungen- und Männerarbeit, um Gewalt gar nicht erst entstehen zu lassen.

Stellungnahme des BFM zum Gewaltschutzgesetz

Das Bundesforum Männer (BFM) begrüßt den Referent:innenentwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gewaltschutzgesetzes, sieht jedoch auch Potenzial für Erweiterungen und Nachbesserungen. Mit dem Entwurf des Bundesjustizministeriums sollen im Gewaltschutzgesetz zwei zentrale Neuerungen verankert werden: Die Möglichkeit zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung sowie verpflichtende soziale Trainingskurse für Täter. Diese Schritte zielen darauf ab, den Schutz vor Gewalt zu verbessern und Prävention zu fördern. 

Elektronische Aufenthaltsüberwachung

Das Bundesforum Männer unterstützt die Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (eAÜ) als wichtiges Instrument zum Schutz von Gewaltopfern. Insbesondere bei Hochrisikofällen kann eine solche Maßnahme Leben retten. Zugleich betont das BFM, dass der Einsatz verfassungskonform und datenschutzrechtlich einwandfrei zu gestalten sei. Darüber hinaus wird eine wissenschaftliche Begleitforschung zur Evaluation der Maßnahme empfohlen. 

Verpflichtende Täterarbeit

Die Anordnung sozialer Trainingskurse für Täter wird grundsätzlich begrüßt. Das BFM regt jedoch an, die Bandbreite möglicher Interventionsformen auszuweiten. Neben Gruppenformaten sollten auch Einzelberatungen berücksichtigt werden, um Täterarbeit je nach Bedarfslage und Verfügbarkeit passgenau adressieren zu können. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, auf eine bedarfsgerechte und geschlechterreflektierte Angebotsstruktur hinzuarbeiten. 

Umfassende Perspektive auf Prävention 

Insgesamt plädiert das BFM für einen ganzheitlichen Ansatz der Gewaltprävention, der neben der tertiärpräventiven Täterarbeit auch deutlich stärker Angebote der Primär- und Sekundärprävention einbezieht. Dazu zählt insbesondere der Auf- und Ausbau geschlechterreflektierter Jungen- und Männerarbeit, um Gewalt gar nicht erst entstehen zu lassen.  

Die umfassende Verankerung einer geschlechterreflektierten und gewaltpräventiven Jungen- und Männerarbeit ist aus Sicht des BFM ein wesentlicher Baustein, um den Anforderungen der Istanbul-Konvention zur Umsetzung von Maßnahmen im Bereich der Prävention gerecht zu werden. Damit kann der Gewaltschutz nachhaltig gestärkt und Geschlechtergerechtigkeit gefördert werden. 

Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch unsere Stellungnahme zum Gewalthilfegesetz vom 20.11.2024

Alarmierende Zahlen zur Gewaltbetroffenheit von Frauen in Deutschland

Die aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Gewaltbetroffenheit von Frauen in Deutschland vom 19. November sind alarmierend. Laut dem aktuellen Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ sind Straftaten gegen Frauen in allen Bereichen gestiegen.

Das Gewalthilfegesetz muss JETZT umgesetzt werden!

Besonders besorgniserregend ist der Anstieg bei häuslicher Gewalt und bei digitalen Übergriffen im Internet. Fast jeden Tag kommt es zu einem Femizid und die Zahl der Opfer von Sexualstraftaten hat sich ebenfalls erhöht. Frauen sind nicht verantwortlich dafür, dass ihnen Gewalt angetan wird. Die Täter sind ganz überwiegend männlich. Gewalt ist ein Männerthema, mit dem sich Männer und die Gesellschaft insgesamt auseinandersetzen muss. Männer müssen hinschauen, Verantwortung übernehmen und gegen Gewalt eintreten.

Als BFM fordern wird, dass das Gewalthilfegesetz unverzüglich umgesetzt wird. Zudem müssen Bildungs- und Präventionsangebote, die sich explizit an Jungen und Männer richten, dringend flächendeckend etabliert und ausgebaut werden, um langfristig eine Kultur des Respekts und der Gleichberechtigung zu fördern.

Was Männer tun können

  • Laut werden gegen Stimmen, die Gewalt gegen Frauen herunterspielen oder gar gutheißen.
  • Betroffenen Frauen – ob in der Familie, Bekanntenkreis oder am Arbeitsplatz – zuhören und glauben, sie unterstützen und gemeinsam mit ihnen Hilfsangebote finden.
  • Eigene Verhaltensweisen hinterfragen und sicherstellen, dass sie respekt- und verantwortungsvoll sind. Bei Unsicherheit können Kurse zur Prävention oder zum Abbau aggressiven Verhaltens unterstützen. Diese bei Bedarf in Anspruch zu nehmen, ist ein Zeichen von Stärke.

BFM Stellungnahme zum Gewalthilfegesetz

Das Bundesforum Männer begrüßt ausdrücklich den aktuellen Referent:innenentwurf für ein Gewalthilfegesetz, das geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt durch eine bundeseinheitliche Regelung wirksam bekämpfen soll. In unserer Stellungnahme betonen wir, wie wichtig ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes Hilfesystem für alle Betroffenen ist – vor allen Dingen für Frauen, aber auch für Männer. Gewaltprävention, Täterarbeit und ein klarer Fokus auf geschlechtsspezifische Bedarfe sind zentrale Forderungen.

Ein Rechtsanspruch für alle Betroffenen

Der Referent:innenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zum Gewalthilfegesetz stellt einen wichtigen Schritt dar, um geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt in Deutschland systematisch zu bekämpfen. Der Gesetzentwurf enthält einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für alle von geschlechtsspezifischer oder häuslicher Gewalt Betroffenen. Dies soll vor allem betroffene Frauen besser schützen, für die durch dieses Gesetz ein bedarfsgerechtes Hilfesystem sichergestellt werden soll. Das Bundesforum Männer begrüßt dieses Vorhaben uneingeschränkt und erwartet vom Gesetzgeber eine unmittelbare Verabschiedung und Umsetzung. In unserer Stellungnahme unterstreichen wir folgende zentrale Punkte:

1. Schutz von Frauen und Männern darf kein Gegeneinander sein

Das Gesetz sieht einen einheitlichen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung vor. Dies schließt sowohl Frauen als auch Männer ein, die von Gewalt betroffen sind. Wir betonen, dass die Bedürfnisse beider Gruppen berücksichtigt werden müssen, ohne sie gegeneinander auszuspielen. Männliche Betroffene benötigen ebenso wie Frauen, die Opfer von geschlechtsspezifischer oder häuslicher Gewalt werden, spezifische Schutzräume und Beratungsangebote.

2. Bedarfsgerechte und flächendeckende Angebote

Nach wie vor gibt es in vielen Regionen Deutschlands zu wenig Schutz- und Beratungsangebote, nicht nur für Frauen sondern auch für Männer. Wir fordern einen umfassenden Ausbau dieser Angebote und eine verlässliche, bundesweite Finanzierung, um regionale Unterschiede zu überwinden.

3. Gewaltprävention und Täterarbeit

Gewaltprävention muss verstärkt auf Primär- und Sekundärmaßnahmen setzen, etwa durch geschlechterreflektierende Arbeit mit Jungen und Männern. Gleichzeitig ist die Arbeit mit Tätern ein unverzichtbarer Bestandteil, um Gewalt langfristig zu reduzieren.

4. Umsetzung der Istanbul-Konvention

Das Gewalthilfegesetz setzt wesentliche Verpflichtungen der Istanbul-Konvention um. Diese sieht vor, geschlechtsspezifische Gewalt umfassend zu bekämpfen und Betroffenen lückenlosen Schutz zu bieten. Hierzu zählt auch, dass trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen explizit berücksichtigt werden.

Statement des BFM zum Ampel-Aus

Das Ende der Ampel-Koalition markiert das vorzeitige Aus des ambitionierten Reformprojekts „Mehr Zukunft wagen“. In den vergangenen Jahren wurden wichtige gesellschaftspolitische Themen wie Gleichstellung, Familienförderung und die Modernisierung des Elternrechts diskutiert. Der Bruch der Koalition darf nun keinen Stillstand bedeuten oder gar einen Rückschritt in zentralen Bereichen, die für Männer, Väter und Familien von Bedeutung sind. 

Verpasste Chancen  

Die „Zukunftskoalition“ hatte keine Zukunft mehr. Die Aufkündigung der Zusammenarbeit war erwartbar, dennoch kam sie zum jetzigen Zeitpunkt überraschend. Besonders bitter ist, dass viele der bereits angeschobenen und dringend notwendigen Reformen nun Gefahr laufen, zu versanden. Wichtige Vorhaben wie die Familienstartzeit, Reformen im Elterngeld oder Lohnersatzleistungen bei pflegebedingten beruflichen Reduzierungen würden Männer dabei unterstützt, mehr Sorgearbeit zu übernehmen. Dass diese Modernisierungen ins Stocken geraten, hält strukturelle Hürden für Männer und Väter beim Thema Care aufrecht. 

Wichtige Reformen nicht aufgeben 

Das Scheitern der Koalition darf nicht das Ende des notwendigen Reformprozesses bedeuten. Insbesondere die Modernisierung des Unterhaltsrechts, die Förderung partnerschaftlicher Elternschaft und Maßnahmen zur Unterstützung von Care-Arbeit müssen Priorität behalten. Auch zentrale Anliegen wie der Gewaltschutz oder die psychische Gesundheit von Männern dürfen nicht in den Hintergrund rücken. Das Bundesforum Männer hat die Gesetzesentwürfe dazu kritisch begleitet – nicht alles wäre in unserem Sinne gewesen, doch es ist untragbar, wenn diese wichtigen Initiativen nun komplett Makulatur bleiben sollen. 

Geordneter Übergang und verantwortungsvolle Neuwahlen 

Wir plädieren für einen geordneten Übergang, der Neuwahlen nicht unnötig hinauszögert. In dieser ungewissen Phase erwarten wir von der geschäftsführenden Regierung und allen politischen Akteuren, dass sie auch die Gleichstellungspolitik konsequent weiterdenkt und umsetzt, um gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern und reaktionären Kräften keinen Raum zu geben. Demokratie und Gleichstellung dulden keine Auszeit – weder durch politische Blockaden noch durch Wahlkampfstrategien. 

Appell für Zusammenhalt und Verantwortung 

Das Bundesforum Männer wird sich weiterhin aktiv in den politischen Dialog einbringen und die Interessen seiner Mitglieder konsequent vertreten. Wir fordern die Verantwortlichen auf, sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein und die kommenden Monate konstruktiv zu nutzen. Gerade jetzt gilt es, den gesellschaftlichen Wandel zu fördern und Gleichstellung als wesentlichen Bestandteil einer starken Demokratie voranzutreiben. 

Statement des BFM zum Wahlsieg von Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA

Donald Trump hat weltweit Diskussionen über gesellschaftliche Werte und Rollenbilder ausgelöst. Der öffentliche Diskurs um „toxische Männlichkeit“ – ein Begriff, der für schädliche Verhaltensmuster und überholte Rollenbilder steht – zeigt uns, wie wichtig es ist, neue Wege für ein zukunftsfähiges Männlichkeitsbild zu schaffen.

Mit unserem aktuellen Projekt „Nachhaltige Männlichkeit fördern – Toxische Männlichkeit überwinden“ setzen wir uns für eine Geschlechterpolitik ein, die Männer darin unterstützt, reflektierte, partnerschaftliche und verantwortungsvolle Lebensentwürfe zu entwickeln. Wir möchten zeigen, dass echte Stärke aus Respekt und Achtsamkeit gegenüber sich selbst und anderen entsteht.

Unser Ziel ist es, ein modernes Männerbild zu fördern, das sich für Gleichstellung und ein gesundes, nachhaltiges Miteinander einsetzt – in Deutschland und weltweit. Die Wahl von Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA macht deutlich, wie dringlich es ist, positive und zukunftsgerichtete Männlichkeitsbilder zu stärken.

Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer BFM

Männer gegen Rechts

Mit der Initiative „Männer gegen Rechts“ rufen die LAG Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V., das Bundesforum Männer e.V. und der SKM Bundesverband e.V. Männer dazu auf, sich für die Wahrung der Demokratie und eine pluralistische Gesellschaft einzusetzen. Auf der Webseite der Initiative und auf Instagram besteht die Möglichkeit, die Initiative zu unterstützen.

Verbesserung des Gewaltschutzes

Das Bundesforum Männer (BFM) hat eine umfassende Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zu einem „Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von gewaltbetroffenen Personen im familiengerichtlichen Verfahren, zur Stärkung des Verfahrensbeistands und zur Anpassung sonstiger Verfahrensvorschriften“ abgegeben.

Referent:innenentwurf zur Verbesserung des Gewaltschutzes in familiengerichtlichen Verfahren vom 19.07.2024

Die Stellungnahme des BFM unterstreicht, dass für einen umfassenden Gewaltschutz, der auch Männer und Väter einschließt, mehr nötig ist als die geplanten und sinnvollen Verbesserungen in familiengerichtlichen Verfahren.

Das BFM begrüßt die beabsichtigte Stärkung des Gewaltschutzes wie auch die weiteren geplanten Regelungen zur Verbesserung der Familiengerichtsverfahren. Im Grundsatz muss unterstrichen werden, dass dieses Regelungsvorhaben nur ein kleiner Detailsbaustein zum effektiven Schutz vor Gewalt ist. Im Koalitionsvertrag hieß es, dass die Gewaltprävention und die Rechte der Betroffenen in den Mittelpunkt gestellt würden, die Istanbul-Konvention vorbehaltlos und wirksam umgesetzt würde. Der vorliegende Entwurf umfasst hierzu nur einen engen Teilausschnitt – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Um das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder abzusichern, eine verlässliche FInanzierung von Frauenhäusern und eine bedarfsgerechte Unterstützung sowie Zufluchträume für männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt sicherzustellen, wie im Koalitionsvertrag angekündingt, braucht es deutlich mehr.

Bundesforum Männer unterzeichnet Charta der Vielfalt

Anlässlich des Deutschen Diversity-Tages am 28.Mai 2024 hat das BFM die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Mit diesem Schritt setzt der Verband ein deutliches Signal für die Anerkennung und Förderung von Vielfalt und gegen Diskriminierung.

Auseinandersetzung mit Vielfalt schließt auch den eigenen Verband ein

Die Charta der Vielfalt ist eine Arbeitgebendeninitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Die Initiative wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, unterstützt. Wer die Charta unterzeichnet, bekennt sich unter anderem dazu, ein offenes und diskriminierungsfreies (Arbeits-) umfeld für alle zu schaffen – unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft.
Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender Bundesforum Männer e.V.:

Für uns als Bundesforum Männer ist klar: Vielfalt zu bejahen und entschieden gegen Diskriminierungen vorzugehen, ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und des Anstands. Vielfalt zu leben und unterschiedliche Perspektiven sichtbar zu machen, ist auch ein Schlüssel zu Innovation und sozialem Zusammenhalt. Die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt nehmen wir zum Anlass, die Auseinandersetzung mit Vielfalt in unserem Verband noch stärker in den Blick zu nehmen. Zugleich setzen wir damit ein klares Zeichen nach außen: Hass und Diskriminierung haben in unserer Gesellschaft keinen Platz!

Vielfalt von Anfang an: Die Gründungsgeschichte des BFM

Die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt ist für das Bundesforum Männer ein wichtiger Meilenstein, um das Engagement für Diversity weiter auszubauen und nachhaltige, (selbst-) fürsorgliche Männlichkeit zu fördern. Schon seit der Gründung des Verbands im Jahr 2010 gehört es zu unserem Selbstverständnis, maskulistischen und antidemokratischen Positionen eine klare Absage zu erteilen. Alle Mitglieder haben sich auf einer politischen Plattform unter anderem dazu verpflichtet, vielfältige Lebens- bzw. Männlichkeitsentwürfe zu respektieren und die Solidarität mit allen Geschlechtern als eine Grundlage gleichstellungsorientierter Männerpolitik zu betrachten. Die Plattform war auch die Grundlage für den von der Mitgliederversammlung im Jahr 2019 gefassten Beschluss, jegliche Form der Zusammenarbeit mit der AfD auszuschließen.

Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Vaterschaftsanfechtung

Die gesetzliche Regelung über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Das hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit dem am 9. April 2024 verkündeten Urteil entschieden.

Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Vaterschaftsanfechtung vom 9. April 2024, 1 BvR 2017/21

Aus Sicht des BFM ist das Urteil wegweisend. Es unterstreicht, dass das deutsche Familienrecht dringend modernisiert werden muss. Das BFM hatte bereits in seiner Kommentierung der im Januar veröffentlichten Eckpunkte des Bundesministeriums der Justiz für eine Reform des Abstammungsrechts begrüßt, dass eine Anfechtung durch den leiblichen Vater nicht mehr zwingend ausgeschlossen sein soll, selbst wenn eine sozialfamiliäre Beziehung des Kindes zum aktuell rechtlichen Vater besteht. Ebenfalls spricht sich das BFM für den Vorschlag aus, dass eine Vaterschaftsanerkennung so lange nicht rechtskräftig werden soll, wie zu klären bleibt, ob ein Einspruch erhebender leiblicher Vater im Einklang mit dem Kindeswohl rechtlicher Vater werden könnte und sollte. Damit es nicht, wie das BVerfG formuliert, „zu einem „Wettlauf“ um die rechtliche Vaterstellung“ kommt.

Reform des Kindschaftsrechts

BFM kommentiert Eckpunkte des Bundesministeriums der Justiz für eine Reform des Kindschaftsrechts zur Modernisierung von Sorgerecht, Umgangsrecht und Adoptionsrecht vom 16. Januar 2024.

Im Grundsatz teilt das Bundesforum Männer (BFM) die Einschätzung, dass eine Reform des Familienrechts überfällig ist. Unserem Verständnis nach soll das Familienrecht einerseits dazu dienen, die aktuell geltenden Normalitäten familiären Zusammen- und Getrenntlebens abzubilden und diesen gewissermaßen rechtliche Leitplanken zu geben. Andererseits dient das Familienrecht als Grundlage für gerichtliche Entscheidungen bzw. für die Entscheidungsfindung in Konflikt- und Streitfällen. Daher sollte das Ziel der Reform sein, dass sich in diesen beiden Dimensionen die real gelebte familiale Vielfalt im geltenden Recht adäquat widerspiegelt.

Somit geht es bei der folgenden Kommentierung der einzelnen kindschaftsrechtlichen Reformvorhaben um einen Abgleich mit (rechts-)tatsächlichen gesellschaftlichen Grundlagen, Wirkungen und möglichen und ggf. erwartbaren Zielabweichungen der bestehenden und der geplanten rechtlichen Regelungen und ihrer Ursachen.
Für das BFM stehen dabei analytisch zum einen die rechtstatsächlichen und normativen Wirkungen auf Väter und zum anderen auf die Gleichstellung der Geschlechter im Fokus. Zugleich ist dem BFM die Kindeswohlorientierung ein zentrales Anliegen, nicht zuletzt motiviert durch den eigenen Auftrag, die Interessen von Jungen zu vertreten – als Teilgruppe aller Kinder.