Dystopia. Nach dem Virus kam der Krieg.
Von Dag Schölper
Ein neuer Krieg in Europa. Ukraine: Frauen, Kinder und Alte verlassen das Land. Männer zwischen 18 und 60 werden zur Landesverteidigung an die Waffen gerufen und dürfen das Land nicht verlassen. Ein Rückfall in die militarisierte Männlichkeit par exellence. Man kommt sich vor wie in Theweleits Männerphantasien. “Blutiger Matsch” wird nun wieder massenhaft produziert, bewusst in Kauf genommen oder sogar im Vernichtungsrausch willentlich angestrebt. Spiralen winden sich – Angst, Verdrängung, Gewalt.
Ein Blick in die Medienlandschaft zeigt: Das öffentliche Verständnis ist nicht mehr ungebrochen, dass ein Mann sein Vaterland mit der Waffe heldenhaft zu verteidigen habe. Selbst Väter würden aus den Zügen über die Grenze geholt, so wird berichtet, oder von Männern, die sich in die Nachbarländer aufgemacht hätten, auf der Flucht aus der Ukraine, aber nicht durch die militärischen Sperrposten gelangen. Diese Berichte klingen nicht nach Verständnis, sondern nach Mitgefühl. Männer bleiben! Männer kämpfen! Dieser Imperativ schockiert.
Putins Krieg reaktiviert das alte Bild vom Mann als Soldaten. Putins Krieg macht Unbekannte einander zu Feinden. Putins Krieg entblößt die unmaskierte Fratze der hegemonialen Männlichkeit, die mit Zwang durchsetzt, was es heißt ein richtiger Mann zu sein – im Zweifel Soldat, dessen Leben nichts über seinen unmittelbaren Beitrag zum Kampf wert ist. Selbst Grüne sind für Nach- und Aufrüsten. Dilemmata und Traumata, wohin das Auge blickt.
Der Autor ist Geschäftsführer des Bundesforum Männer.