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Gewalt

Männlichkeit und Gewalt waren und sind historisch und kulturell eng miteinander verknüpft. Viele Jungen, Männer und Väter haben Erfahrungen damit, gewalttätig geworden zu sein oder selber Gewalt erfahren zu haben. Gewalt ist vielgestaltig: physisch, psychisch, sexuell oder ökonomisch. Gewalt passiert im öffentlichen oder digitalem Raum, auf der Straße, im Park oder Klub, im persönlichen Nahraum, in der eigenen Familie und Partnerschaft. Dabei sind Männer und Jungen meistens Täter aber oft auch Opfer der Gewalt.

Gewaltprävention und Gewaltschutz

Ziel einer gleichstellungsorientierten Männerpolitik ist es, dazu beizutragen, gewalttätige Männer zu stoppen, Präventionsmaßnahmen zu stärken und gewaltbetroffenen Frauen, Männern und Menschen anderer geschlechtlicher Identitäten Hilfe zu bieten. Die Auseinandersetzung mit und Öffnung von traditionellen Männlichkeitswertevorstellungen und Rollenbildern hilft Männern beim Weg aus der Gewalt und eröffnet ihnen andere Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Aggressionen, Angst und Scham zu finden. Ebenso hilft diese Öffnung auch – gesellschaftlich und individuell – die Verletzlichkeit von Jungen und Männern anzuerkennen, hinzuschauen und ihnen Hilfe zuteilwerden zu lassen, wenn sie von Gewalt betroffen sind, sei es in der Familie, Partnerschaft oder im öffentlichen Raum.

Gewalt trifft auch Männer

Von sexualisierter Gewalt, von Partnerschaftsgewalt und von häuslicher Gewalt sind ganz überwiegend Frauen betroffen – in der Regel sind Männer die Täter. Dennoch ist es verkürzt, Männer per se und ausschließlich als (potentielle) Täter zu begreifen. Die Verletzbarkeit (Vulnerabilität) von Männern – die Tatsache, dass auch Männer Opfer von (sexualisierter) Gewalt werden können – muss anerkannt und enttabuisiert werden.

Männer als Täter von Gewalt

Männer stellen bei etwa 75% aller erfassten Straftaten die Tatverdächtigen, wobei der Anteil bei Gewaltdelikten sogar auf 83% ansteigt. Besonders im Bereich der häuslichen Gewalt sind Männer die Haupttäter: 75,6% der Tatverdächtigen sind männlich, und bei Partnerschaftsgewalt liegt der Anteil bei 78,8%. Auch bei sexueller Gewalt sind Männer häufiger als Täter von Übergriffen und Vergewaltigungen involviert. Bei kriminellen Aktivitäten, die mit Gewalt einhergehen, wie Raubüberfällen, dominieren Männer ebenfalls als Haupttäter. Zudem sind sie oft in gewalttätige Auseinandersetzungen im öffentlichen Raum, wie Schlägereien, verwickelt.

Männer als Betroffene von Gewalt

Auch Männer können Opfer von häuslicher Gewalt werden, auch wenn diese Fälle seltener gemeldet werden. Ebenso sind sie von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen betroffen, ein Thema, das oft tabuisiert wird. Im öffentlichen Raum sind Männer häufiger Opfer von gewalttätigen Übergriffen, und auch Mobbing sowie psychische Gewalt am Arbeitsplatz oder in sozialen Umfeldern treffen sie. Viele Männer, die Gewalt erleben, befürchten Stigmatisierung und Scham, was dazu führt, dass sie seltener Hilfe suchen. Dies trägt zur Unterberichterstattung bei, wodurch Gewalt gegen Männer in Statistiken oft unterrepräsentiert ist. Traditionelle Geschlechterrollen verstärken zudem das Bild, dass Männer eher als Täter und weniger als Opfer wahrgenommen werden.

Wissenschaftliche Studie zu Gewaltausübung und Gewaltbetroffenheit

Für eine nachhaltige Qualitätssicherung dieser Arbeit braucht es belastbare Daten über die Gewaltbetroffenheit von Jungen und Männern, ebenso wie ihre Gewaltausübung, ihre Verarbeitungsstrategien und ihren konkreten Unterstützungsbedarf. Der Bedarf einer Dunkelfeldstudie zu Gewalt ist groß, denn nur mit den Daten aus dem sog. Hellfeld, also den angezeigten Straftaten aus der Polizeistatistik lassen sich nur ungenügend wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt entwickeln. Die geschlechterübergreifende Befragung „Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag (LeSuBiA)“ konzentriert sich insbesondere auf den Bereich von partnerschaftlicher Gewalt, sexualisierter Gewalt sowie Gewalt im digitalen Raum. Die Untersuchung verfolgt das Ziel, einen direkten Vergleich zwischen Geschlechtern zu ermöglichen und auch Auskunft über das Verhältnis zwischen angezeigter und nicht angezeigter Gewalt zu geben. Ergebnisse werden in 2025 erwartet.

Gewaltschutz und Präventionsmaßnahmen

Eine flächendeckende geschlechterreflektierte Jungen- und Männerarbeit ist entscheidend, um die primäre Gewaltprävention zu fördern. Gleichzeitig muss der Ausbau von Krisen- und Gewaltberatungen für Männer sowie der Tätervorangetrieben werden, um die sekundäre und tertiäre Gewaltprävention zu unterstützen. Besonders wichtig ist die Ausweitung niedrigschwelliger und multilingualer Hilfs- und Beratungsangebote für Männer, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Das „Hilfetelefon Gewalt an Männern“ sollte zu einem bundesweiten, rund um die Uhr erreichbaren Angebot ausgebaut werden. Auch die Absicherung bestehender Gewaltschutzwohnungen für Männer und die Schaffung von mindestens drei bis fünf weiteren Schutzwohnungen pro Bundesland sind dringend notwendig. Zudem ist es entscheidend, die Perspektiven gewaltbetroffener Jungen und Männer in bundesweite, landesweite und kommunale Gewaltschutzrichtlinien und Fördermaßnahmen zu integrieren. Eine stärkere Vernetzung von Einrichtungen, die Täter- und Opferarbeit mit Männern leisten, würde den fachlichen Austausch fördern und Qualitätsstandards sichern. Schließlich ist die finanzielle Absicherung bestehender Beratungseinrichtungen und Frauenhäuser ein weiterer zentraler Schritt.

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