Joel wardenga 2025

„Jungen*- und Männer*arbeit ist für uns keine Methode, sondern eine Haltung.“

Die LAG Jungen*- & Männer*arbeit Baden-Württemberg ist seit Juni 2025 neues Mitglied im Bundesforum Männer. Als landesweite Fachstelle qualifiziert und berät sie Fachkräfte der Jungen- und Männer*arbeit und entwickelt Projekte, die geschlechterreflektierte und diversitätssensible Ansätze fördern. Bildungsreferent Joel Wardenga spricht im Mitgliederinterview unter anderem über gefährliche Männlichkeitsanforderungen in sozialen Medien – und warum Gleichstellung nur gelingt, wenn alle Geschlechter mitwirken.

Was macht eure Organisation – und auf welche Weise engagiert ihr euch für Jungen, Männer oder Väter?  

Joel Wardenga: Als landesweite Fachstelle für Jungen*- und Männer*arbeit sowie -politik und anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und der außerschulischen Jugendbildung setzen wir uns auf fachlicher, pädagogischer und politischer Ebene für die Belange von Jungen, Männern* und Vätern* ein. Unser Engagement richtet sich vor allem an Fachkräfte und Institutionen, die mit diesen Zielgruppen arbeiten. Wir qualifizieren, informieren, beraten und vernetzen, um geschlechterreflektierte Praxis zu fördern. Dabei verstehen wir Jungen*- und Männer*arbeit nicht als Methode, sondern als pädagogische Haltung: wertschätzend, diversitätssensibel, intersektional und inklusiv. Ein besonderer Schwerpunkt meiner Arbeit liegt in der Entwicklung einer vielfältigen, barrierearmen und inklusiven Öffentlichkeitsarbeit sowie in der medienpädagogischen Begleitung von Jungen* – insbesondere vor dem Hintergrund zunehmend gefährlicher Männlichkeitsanforderungen in sozialen Medien. Zudem arbeite ich mit einem Fokus auf diversitätssensible Jungen*arbeit, die ableismus-, rassismus- und klassismuskritische Perspektiven aktiv einbezieht. Wir unterstützen darin, Lebenslagen und Bedürfnisse von Jungen* und Männern* differenziert wahrzunehmen und pädagogisch sinnvoll darauf zu reagieren – auch im Umgang mit kritischen Verhaltensweisen. Gemeinsam mit Partnerinnen wie der LAG Mädchenpolitik und dem Netzwerk LSBTTIQ BW arbeiten wir an einer geschlechtergerechten Gesellschaft. 

Für uns ist die Mitgliedschaft im Bundesforum Männer ein Ausdruck gelebter Solidarität und die Chance, gemeinsam mit anderen Organisationen – auch mit Frauen und queeren Akteur*innen – starke Allianzen zu bilden.

Joel Wardenga, Bildungsreferent bei der LAG Jungen*- und Männer*arbeit Baden-Württemberg

Warum ist es wichtig, Jungen, Männer und Väter zu adressieren und einzubeziehen, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu erreichen? Und wie möchtet ihr mit eurer Arbeit dazu beitragen?

Joel Wardenga: Gleichstellung kann nur dann gelingen, wenn alle Geschlechter aktiv an ihr mitwirken – auch Jungen*, Männer* und Väter*. Sie prägen gesellschaftliche Strukturen ebenso wie sie von ihnen geprägt werden. Um Rollenbilder zu hinterfragen und neue, vielfältige Wege von Männlichkeit zu stärken, braucht es gezielte Ansprache, Räume für Reflexion und solidarisches Handeln. Mit unserem Projekt „Männlichkeiten 2.1 – Mein Handeln zählt. Jeden Tag.“ zeigen wir unter anderem mit Hilfe von Videos und Live-Streams, wie Männer* Verantwortung übernehmen und sich für Respekt, Vielfalt und Gerechtigkeit einsetzen können – im Alltag, in Beziehungen und in der Gesellschaft. Wir wollen Männer* ermutigen, ihre Handlungsspielräume zu erkennen und aktiv an Gleichstellung mitzuwirken, ohne dabei ihre eigenen Perspektiven zu verlieren. Unsere Arbeit verbindet pädagogische Praxis mit öffentlicher Bildungsarbeit, um kritisches Nachdenken über Männlichkeiten zu fördern und Veränderung gemeinsam zu gestalten. Dabei setzen wir auf einen intersektionalen Ansatz, der auch Fragen von Herkunft, Behinderung und sozialer Lage berücksichtigt. 

Was findet ihr am Bundesforum Männer besonders wertvoll – und was bedeutet euch die Mitgliedschaft?  

Joel Wardenga: In der klassischen Gleichstellungspolitik waren Männer lange Zeit doppelt unterrepräsentiert: Einerseits als aktive Mitgestalter einer geschlechtergerechten Gesellschaft, andererseits als Personen mit eigenen Perspektiven, Bedürfnissen und berechtigten Anliegen. Dass Gleichstellung und Familienpolitik teils immer noch als „Gedöns“ abgetan werden, ist Ausdruck eines tief verwurzelten Sexismus. Umso wichtiger ist es, dass Männer* Verantwortung übernehmen und sich sichtbar für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Genau hier leistet das Bundesforum Männer wertvolle Arbeit: Es macht vielfältige Perspektiven von Jungen*, Männern* und Vätern* bundesweit sichtbar, bringt sie in politische Diskurse ein und stärkt die Zusammenarbeit mit anderen Gleichstellungsakteurinnen. Für uns ist die Mitgliedschaft ein Ausdruck gelebter Solidarität und die Chance, gemeinsam mit anderen Organisationen – auch mit Frauen und queeren Akteur*innen – starke Allianzen zu bilden. Denn Gleichstellung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur gemeinsam und mit vielfältigen Perspektiven gelingen kann. 

Über die LAG Jungen*und Männer*arbeit Baden-Württemberg

Die LAG Jungen*- & Männer*arbeit Baden-Württemberg e.V. (LAGJ*M* BW) ist die landesweite Fachstelle für Jungen*- und Männer*arbeit und Jungen*- und Männer*politik. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die fachliche Beratung und Qualifizierung sowie die Vermittlung von Informationen und Methoden der geschlechterreflektierten Arbeit mit Jungen* und Männern*.