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Foto vom BFM Jahresempfang, man sieht ca. 50 Menschen von hinten, zu einer Bühne gewandt stehen.

Fachtag und politischer Jahresempfang des BFM

15. Mai Ganztägig

Am 15. Mai 2024 hat der Fachtag „Nachhaltige Männlichkeit – Was ist das?in Berlin stattgefunden. Im Anschluss lud das Bundesforum Männer zum politischen Jahresempfang. Wir danken allen, die teilgenommen und für die lebendige Diskussion gesorgt haben.

Fachtag „Nachhaltige Männlichkeit – Was ist das?” diskutiert Nachhaltigkeitsziele

Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umfassen ökologische, soziale und ökonomische Dimensionen – darunter Gesundheit, Arbeit und Wirtschaftswachstum, Bildung, Klimaschutz oder Konsum. Welche Rolle dabei die Kategorien Geschlecht und Männlichkeit spielen, wurde beim Fachtag ausgelotet. Katharina Linnepe leitete als Moderatorin gekonnt durch die Veranstaltung.

Der Fachtag startete mit einem Einführungsimpuls von Dr. Bettina Knothe (Beraterin für teilhabeorientierte Nachhaltigkeit). Sie beschrieb die ökonomischen, ökologischen und sozialen Säulen von Nachhaltigkeit, ihre Gerechtigkeitsperspektiven innerhalb und zwischen den Generationen und sensibilisierte für Herausforderungen in der gesellschaftlichen Transformation für Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft. Dr. Dag Schölper (Geschäftsführer BFM) verdeutlichte in einem anschließenden Debattenüberblick die Vielfalt der Zugänge zum Thema Männlichkeit und die Verbindungslinien zur Klima- und Nachhaltigkeitsdiskussion.

Die Impulse leiteten zu einer Paneldiskussion über. Dort diskutierten Dr. Andreas Heilmann (Coach und Sozialforscher zu Caring Masculinities), Dr. Bettina Knothe, Dr. Dag Schölper und Dr. Ulrike Spangenberg (Leiterin Geschäftsstelle Vierter Gleichstellungsbericht) u.a. darüber, was eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele beitragen kann. Gefragt wurde auch, ob „nachhaltige Männlichkeit“ als neues positiv besetztes Narrativ taugt und wie dies inhaltlich gefüllt werden könnte. Um zukunftsfähige soziale, ökonomische und ökologische Prozesse zu stärken – und um Männlichkeiten und Geschlechterverhältnisse selbst zu transformieren.

In Anlehnung an ausgewählte Nachhaltigkeitsziele wurden acht verschiedene Themen in Workshopsgenauer in den Blick genommen und in Bezug zu Männlichkeit und Nachhaltigkeit gesetzt.

Expertin: Dr. Sophie Koch, Volkssolidarität Bundesverband

Strukturell betrachtet sind Ostdeutsche in sozial-benachteiligten Lagen überrepräsentiert. Ostdeutsche sind im Durchschnitt noch immer von höherer Arbeitslosigkeit, einem deutlich höheren Niedriglohnsektor und geringerer Tarifbindung betroffen als Westdeutsche. Das durchschnittliche Jahreseinkommen im Osten liegt deutlich unter Westniveau und der Abstand ist in den letzten Jahren größer geworden. Das durchschnittliche Bruttovermögen ostdeutscher Haushalte ist nicht einmal halb so hoch wie das westdeutscher. Hinzu kommt eine starke Abwanderung junger Frauen seit 1990, die vor allem in ländlichen Gegenden zu einem Männerüberschuss von bis zu 25 Prozent führt. Damit verschränken sich für viele Männer Aspekte von monetärer und sozialer Armut.

Experte: Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender Bundesforum Männer und Geschäftsführer der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen

Nachhaltige Konzepte zur Verbesserung der Männergesundheit setzen voraus, dass eine beobachtbare strukturelle und in dominanten Konzepten von Männlichkeit angelegte Sprachlosigkeit von Männern in Bezug auf körperliches und seelisches Wohlbefinden überwunden wird. Die betrifft sowohl das Sprechen über Gesundheit innerhalb der “Peergroup” als auch das Sprechen im professionellen Diskurs u.a. im Rahmen der Ausbildung von medizinischem Personal. Damit verbunden, können konkrete Handlungsanreize und Belohnungssysteme, z.B. zur Wahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen, dafür sorgen, dass Männergesundheit auf individueller und gesellschaftlicher Ebene dauerhaft und nachhaltig gefördert wird.

Experte: Peter Bienwald, LAG Jungen- und Männerarbeit Sachsen

Ein wichtiges Thema in der Jungen- und Bildungsarbeit ist die Fachkräftegewinnung und -qualifizierung. Bei der Qualifizierung sollte u.a. der gelingende Beziehungsaufbau zu Jungen* und Jugendlichen eine prominente Rolle einnehmen. Statt Defizite bei den Zielgruppen zu betonen und Veränderungen zu forcieren, sollten Fähigkeiten und Qualitäten in den Blick genommen und Beteiligungsformate etabliert werden. Die Teilnehmer:innen des Workshops sprachen sich dafür aus, Qualitätskriterien für die Praxis der Jungenarbeit zu entwickeln. Dabei könne der Aufbau einer Bundesfachstelle helfen. Ergebnisse der Jungenarbeit, Mädchenarbeit und queeren Bildungsarbeit könnten so besser gebündelt, evaluiert und verglichen werden. Für die Bildungsarbeit hätte dies unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten eine Reihe positiver Effekte.

Experte: Andreas Haase, man-o-mann Männerberatung

Experte: Dr. Andreas Heilmann, Coach und Sozialforscher zu Caring Masculinities

Wachstum durchzieht als Ziel Wirtschaft und Arbeitswelt – und steht im Widerspruch zur Nachhaltigkeit, da knappe Ressourcen verbraucht werden. Diese Ökonomie ist stark mit Männlichkeit assoziiert. Gegen diese Tendenz und die Vereinseitigung, die daraus für Männerleben erwächst (Arbeit, Karriere, Erfolg, Status), steht das Modell der Caring Masculinities: Männer öffnen sich nicht nur der Care-Arbeit (als Beruf, in der Familie), sondern entwickeln auch eine andere Haltung zu Mitmenschen und zur Umwelt. Dies kann nur gelingen, wenn Anreizsysteme (wie im Steuerrecht) verändert werden, die Arbeitswelt Männer als Carer in den Blick nimmt. Und wenn Männer selbst lernen, dass die eigenen Belohnungssysteme weniger von toxischen Reizen gesteuert werden, sondern von solchen, die ihnen auch selbst nachhaltig guttun.

Experte: Prof. Dr. Michael Tunç, stellv. Vorstandsvorsitzender Bundesforum Männer und Professor für geschlechterreflektierte Soziale Arbeit

Im Workshop wurde deutlich, dass zur Diskussion von intersektionalen Perspektiven beim Blick auf Männlichkeiten das männerpolitische Dreieck (Michael Messner) hilfreich sein kann: 1) Welche Privilegien gehen mit herkömmlichen Männlichkeitsnormen einher? 2) Was für Kosten sind damit aber auch verbunden? 3) Welche Ungleichheiten bestehen dabei zwischen verschiedenen Gruppen von Männern? Privilegien und Kosten sind nicht für alle Männer gleich verteilt. Intersektionale Perspektiven einzubeziehen bedeutet darüber hinaus, die Gleichzeitigkeit von exklusiven Schutzräumen und inklusiven Austauschräumen zuzulassen. Das heißt nicht zuletzt: Über die Anerkennung von Differenz und Hierarchie in die Verbindung und in ein gemeinsames Miteinander kommen. Konkrete Schritte können sein: Vielfalt sichtbar machen, Klischees und Stereotypen abbauen, eigene Privilegien selbstkritisch hinterfragen, an konkreten Themen und Bedarfen ansetzen, über die Unterschiede hinweg nach dem Gemeinsamen und Verbindenden suchen.

Experte: Boris von Heesen, Männerberater und Buchautor

Boris von Heesen machte in seinem Einstiegsimpuls deutlich: Weder in Politik und Verbänden noch in Automobilkonzernen werde mit Blick auf Mobilität die Perspektive Männlichkeit ausreichend berücksichtigt. Dabei sei dies dringend nötig. Männer sterben beispielsweise wesentlich häufiger bei Verkehrsunfällen, sie missachten deutlich häufiger Geschwindigkeitsbegrenzungen und fahren öfter als Frauen unter Alkoholeinfluss, berichtete Boris von Heesen. Dazu seien Männer mit Abstand die größte Absatzgruppe für besonders PS-starke Autos. Mit ihrem Verhalten schadeten Männer dem Klima, anderen Verkehrsteilnehmer:innen und vor allem – sich selbst! Umso wichtiger sei es, den “Mann aus dem Auto zu bekommen” und positive Veränderungen zu erzielen. Die Workshop-Teilnehmer diskutierten, was dafür nötig ist. Neben Maßnahmen wie der Durchsetzung eines Tempolimits und einer lückenlosen ÖPNV-Infrastruktur auch im ländlichen Raum ging es dabei auch um aktives Awareness-Rising. Denn eigentlich sollte jedem klar sein: Wer verantwortungsvoll bzw. weniger oder gar nicht Auto fährt, lebt statistisch betrachtet gesünder und länger – und damit in jedem Fall nachhaltiger.

Experte: Bernard Könnecke, Dissens – Institut für Bildung und Forschung

Startpunkt für die Austauschrunde bildeten Erfahrungen aus dem Demokratie Leben Projekt „Antifeminismus begegnen“. In der Diskussion wurde deutlich, dass Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Demokratieförderung, soziale Partizipation und geschlechtliche Gleichstellung Perspektiven sind, die zusammengehören, um eine Gesellschaft insgesamt voranzubringen. Themenübergreifende politische Partnerschaften, Bündnisse und gemeinsame Strategien sind gerade in Zeiten, in den demokratiefeindliche Gruppen und Restaurationskräfte an Fahrt gewinnen, entscheidend. Weitere Diskussionspunkte waren: Auf welche Menschen außerhalb der eigenen Blase zugehen und welche Trennungslinien zu organisierten antifeministischen Akteur:innen definieren? Was sind unsere gleichstellungs- und männerpolitischen Angebote und Botschaften und wie vermitteln wir diese? Wie gut mit Ängsten und Verunsicherungen in der Gesellschaft umgehen, emotionale Antreiber erkennen, eine einfachere Sprache außerhalb von universitären Diskursen finden? Wie können wir insbesondere jüngere Männer als Zielgruppen besser erreichen?

Lisa Paus und Prof. Johannes Vogel beim politischen Jahresempfang des BFM

Das Thema nachhaltige Männlichkeit fand auch beim politischen Jahresempfang viel Resonanz. Wir haben uns sehr gefreut, dass Bundesministerin Lisa Paus und Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums Prof. Johannes Vogel, Ph.D. unserer Einladung gefolgt sind.

Lisa Paus betonte in ihrem Grußwort, dass das Korsett traditioneller Männlichkeit Männer einschränke und würdigte die Arbeit des Bundesforum Männer:

Nur wenn wir Männerpolitik als integralen Bestandteil von Gleichstellung begreifen, können wir eine wirklich gerechte Gesellschaft gestalten. Dazu gehört auch, mehr Männern ein selbstbestimmtes Leben frei von einengenden Rollenbildern zu ermöglichen. Denn Männlichkeit und Rollenbilder sind im Wandel: hin zu fürsorglichen Vätern, einer klischeefreien Berufswahl und einer gleichberechtigten Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir wollen die Rahmenbedingungen schaffen und verbessern, damit Jungen und Mädchen die gleichen Chancen auf eine berufliche Karriere und auf die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit haben. Das Bundesforum Männer ist für uns dabei ein langjähriger und verlässlicher Partner, der sich für eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik einsetzt. (Lisa Paus)
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/fachtag-thematisiert-nachhaltige-maennlichkeit-237970

Im Anschluss diskutierten Lisa Paus und Thomas Altgeld, Vorsitzender des Bundesforum Männer, über Chancen und Herausforderungen von nachhaltiger Männlichkeit und aktuelle politische Vorhaben und Herausforderungen.

Prof. Johannes Vogel, Ph.D., rundete den Abend mit einer naturwissenschaftlichen Perspektive auf das Thema in seinem Vortrag “Nichts ist politischer als die Natur” ab:

In diesen Tagen zeigt sich: Es gibt nicht hier das Engagement für Demokratie und dort für den Erhalt der Vielfalt des Lebens, nicht hier den Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit und dort den gegen Klimawandel. Diese Themen sind vielmehr untrennbar verbunden. Es geht um dieselbe Auseinandersetzung auf verschiedenen Ebenen, die nur in einer starken Demokratie gelingen kann. (Prof. Johannes Vogel, Ph.D.)

  • Was kann eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele effektiv beitragen? 
  • Wie ist die Erzählung einer nachhaltigen Männlichkeit inhaltlich zu füllen, um zukunftsfähige soziale, ökonomische und ökologische Prozesse zu stärken?  
  • Welche Unterstützungs- und Hilfestrukturen brauchen Jungen und Männer in ihren unterschiedlichen Lebensweisen und Lebenslagen, um schädliche Männlichkeitsnormen zu überwinden und positive Alternativkonzepte in ihr Leben zu integrieren?

Programm Fachtag und politischer Jahresempfang 

10:00 Uhr: Ankommen
10:30 Uhr: Begrüßung
11:00 Uhr: Einführungsimpulse

  • Was bedeutet Nachhaltigkeit? Herausforderungen in der gesellschaftlichen Transformation für Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft. Einführung in das Thema von Dr. Bettina Knothe, Beraterin für teilhabeorientierte Nachhaltigkeit
  • Männlichkeit:en. Ein Debattenüberblick von Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer Bundesforum Männer

12:15 Uhr: Panel „Was ist nachhaltige Männlichkeit?“

Diskussionsteilnehmer:innen:

  • Dr. Andreas Heilmann, Coach und Sozialforscher zu Caring Masculinities
  • Dr. Bettina Knothe, Beraterin für teilhabeorientierte Nachhaltigkeit
  • Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer Bundesforum Männer e.V.
  • Dr. Ulrike Spangenberg, Leiterin Geschäftsstelle Vierter Gleichstellungsbericht

13:30 Uhr: Mittagspause

14:00 Uhr: Workshops „Miteinander sprechen über nachhaltige Männlichkeit:en“

Insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele entwickelte die UNO im Jahr 2015. Im Rahmen von Workshops wollen wir einige dieser Ziele genauer in den Blick nehmen und diskutieren: Welche Rolle spielen darin Geschlecht und Männlichkeit? Dafür haben wir Expert:innen unter anderem zu den Themenfeldern Armut, Gesundheit, Geschlechtergleichheit, Arbeit und Klimaschutz eingeladen. 

Workshop 1:  Soziale Transformation und männliche Identität– Perspektiven aus Ostdeutschland (mit Dr. Sophie Koch, Volkssolidarität Bundesverband)
Workshop 2: Nachhaltige Gesundheitskonzepte zur Verbesserung der Männergesundheit (mit Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender Bundesforum Männer und Geschäftsführer der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen)
Workshop 3: Jungenarbeit als politische Bildungsarbeit (mit Peter Bienwald, LAG Jungen- und Männerarbeit Sachsen)
Workshop 4: Nachhaltiger Gewaltschutz für alle Geschlechter (mit Andreas Haase, man-o-mann Männerberatung)
Workshop 5: Jenseits von New-Work-Stress und ökonomischen Wachstumszwängen – Care als männliches Entwicklungsziel?  (mit Dr. Andreas Heilmann, Coach und Sozialforscher zu Caring Masculinities)
Workshop 6: Männerpolitik intersektional gestalten – Ungleichheiten reduzieren (mit Prof. Dr. Michael Tunç, stellv. Vorstandsvorsitzender Bundesforum Männer und Professor für geschlechterreflektierte Soziale Arbeit
Workshop 7: Männer und Mobilität (mit Boris von Heesen, Männerberater und Buchautor)
Workshop 8: Neue Bündnisse gegen Antifeminismus und Retraditionalisierung (mit Henning von Bargen, Gunda-Werner-Institut, und Bernard Könnecke, Dissens – Institut für Bildung und Forschung)

16:00 Uhr: Kurze Kaffeepause

16:15 Uhr: Wrap-Up und Verabschiedung

17:00 Uhr: Ende des Fachtags

Programm des politischen Jahresempfangs

17:30 Uhr: Begrüßung durch Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender des Bundesforum Männer e.V.

17:40 Uhr: Grußwort von Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus

17:45 Uhr: Politischer Impuls von Prof. Johannes Vogel, Ph.D., Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin  

anschließend Ausklang bei Snacks und Getränken

21:00 Uhr: Ende

Gesamtmoderation: Katharina Linnepe

030 275 811 22

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Paul-Lincke-Ufer 21
Berlin, 10999 Deutschland
+49 30 40367158-2
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