Foto von Dag Schoelper in einem grauen Anzug

Gleichstellungsorientierte Männerpolitik unter Druck

Editorial von BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper

Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen am 9. Juni 2024 war mit fast 65 Prozent hoch. Mit 15,9 Prozent der Stimmen erreichte die AfD einen Zuwachs von knapp 5 Prozent und wurde bundesweit zweitstärkste Partei. Die neue Partei BSW hat aus dem Stand über 6 Prozent erreicht. Die Ampel-Parteien haben zusammengenommen über 10 Prozent eingebüßt. Damit ist eine deutliche Mitte-Rechts-Verschiebung gegenüber den Ergebnissen von vor fünf Jahren evident.

Ich gehe daher davon aus, dass die Gleichstellungspolitik insgesamt und die gleichstellungsorientierte Männerpolitik im Besonderen von zwei Seiten infrage gestellt werden. Die eine Seite will sie aus Grundüberzeugung abschaffen und zurück zur „guten alten Ordnung“. Die andere Seite muss sich fragen, was derzeit die drängendsten Themen sind. Dabei rutscht dann die Frage der Geschlechtergerechtigkeit schnell von der politischen Tagesordnung. 

Gleichstellungsministerin Paus beim politischen Jahresempfang des BFM

Am 15. Mai hatten wir Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus bei unserem politischen Jahresempfang zu Gast. In ihrer Rede betonte sie die Relevanz des Ansatzes einer „nachhaltigen Männlichkeit“ und bedankte sich ausdrücklich für unsere Arbeit. Der Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, Prof. Johannes Vogel, Ph.D., unterstrich in seinem Vortrag, dass Nachhaltigkeit nur mit Vielfalt möglich sei. Am Beispiel der Covid 19-Pandemie zeigte er: Gäbe es keine Vielfalt, dann hätte das Virus womöglich die gesamte Menschheit dahingerafft. Nachhaltigkeit heißt also nicht bloß, die biologische Artenvielfalt zu erhalten, sondern ist auch darauf übertragbar, dass „nachhaltige Männlichkeit“ nicht nur EINE sein kann, sondern vielfältig sein muss –  und zwar im biologischen wie im sozialen Sinne. Von daher sind all jene politischen Tendenzen, die einer sozialen oder gar völkischen Entmischung und Vereinheitlichung das Wort reden – und damit zugleich einer „(r)echten“ und biologistisch grundierten Männlichkeit –  sicher nicht nachhaltig, aber offenkundig hartnäckig und weit verbreitet. 

Vielfalt auch im neuen BFM Vorstand

Als Bundesforum Männer stehen wir, wie auch unser Fachtag „Nachhaltige Männlichkeit – Was ist das?“ erlebbar machte, für eine bunte und vielfältige Gesellschaft und für ein offenes und diskriminierungsfreies Miteinander ein. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in unserem am 16. Mai neu gewählten Vorstand wider: Die Mitglieder repräsentieren unterschiedliche sexuelle Orientierungen, Konfessionen, Regionen und thematische Schwerpunkte. Am 12. Juni kam der neue Vorstand zu seiner konstituierenden (Online-) Sitzung zusammen. Dabei beschloss er, den Verbändebrief Neuregelung Schwangerschaftsabbruch mitzuunterzeichnen und die Forderung nach Streichung der §§ 218 ff. aus dem Strafgesetzbuch zu unterstützen.