30 Jahre Abschaffung §175: Forum Katholischer Männer initiiert Aufarbeitungsstudie
Andreas Heek: „Dass es den Paragrafen überhaupt so lange gab, ist ein Skandal. Und seine Abschaffung wurde von der katholischen Kirche nahezu still übergangen. Das wollen und müssen wir thematisieren.“
Aufarbeitung der Rolle der Katholischen Kirche
Erst seit dem 11. Juni 1994 sind homosexuelle Handlungen in Deutschland gänzlich straffrei. Die Katholische Kirche hatte bis zuletzt für einen Verbleib des diskriminierenden § 175 votiert. Stephan Buttgereit und Andreas Heek, Vorsitzender bzw. Geschäftsführer des Forums Katholischer Männer, nahmen das 30-Jährige Jubiläum der Streichung von §175 zum Anlass, beim Zentralkommitee der deutschen Katholiken (ZdK) eine Aufarbeitung der Rolle der Katholischen Kirche anzuregen – mit Erfolg. Das ZdK initiiert unter Federführung der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn eine unabhängige wissenschaftliche Studie zur historischen Erforschung der Rolle der katholischen Kirche mit Blick auf § 175.
Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs gefordert
42 Verbände – darunter auch das Bundesforum Männer – fordern in einem Offenen Brief an die Bundesregierung sowie die Bundestagsabgeordneten der Regierungsparteien eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs nach gesundheitsförderlichen, verfassungsrechtlichen und menschenrechtlichen Gesichtspunkten
§ 218 StGB ist kein guter Kompromiss
Aktuelle Forschung zeigt, dass Schwangerschaftsabbrüche stigmatisiert und die Versorgung oft unzureichend sind. Mehr Gynäkolog*innen würden Abbrüche vornehmen, wenn bessere Rahmenbedingungen herrschten. § 218 StGB wird als Hauptproblem gesehen. Der Bericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung zeigt, dass Änderungen des Abtreibungsrechts notwendig und verfassungsrechtlich möglich sind. Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit von Abbrüchen, besonders in der Frühphase, ist nicht haltbar.
Wir halten fest, was sich aus unserer Sicht nicht bestreiten lässt: Der § 218 StGB ist kein guter Kompromiss. Eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs im Sinne einer guten Gesundheitsversorgung ist dringend geboten und auch machbar. Lebensschutz kann und muss mit anderen Mitteln umgesetzt werden
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zu stärken und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. 75 Jahre nach dem Grundgesetz bleibt der Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 unvollständig umgesetzt. Angesichts bevorstehender Wahlen erwarten wir, dass Menschen- und Frauenrechte vor Angriffen geschützt werden. Dazu gehört auch die aktive Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs. Unsere Verbände sichern Ihnen ihre Unterstützung bei der Erarbeitung einer gesundheitsförderlichen, verfassungs- und menschenrechtskonformen Lösung zu.
Am Freitag, den 7. Juni 2024 haben die Bundesministerinnen Lisa Paus (BMFSFJ) und Nancy Faeser (BMI) gemeinsam mit Martina Link, Vizepräsidentin des Bundeskriminalamtes (BKA) und Petra Söchting, Leiterin des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“, das neue „Lagebild Häusliche Gewalt“ vorgestellt.
256.276 Menschen wurden im Jahr 2023 Opfer von häuslicher Gewalt. 70,5 % davon waren weiblich (180.715) und 29,5 % männlich (75.561). Das sind zumindest die Zahlen der Fälle, die vom Bundeskriminalamt erfasst wurden – das sogenannte Hellfeld. Im Vergleich zu 2022 bedeutet dies einen Anstieg von 6,5 %.
Das „Lagebild häusliche Gewalt“ unterscheidet zwei Formen von Gewalt: „Partnerschaftsgewalt“ und „innerfamiliäre Gewalt“. Der Unterschied liegt im Beziehungsstatus zwischen Opfern und Tatverdächtigen. Handelt es sich um Paare oder ehemals Paare? Dann geht es um „Partnerschaftsgewalt“. Handelt es sich um sonstige familiäre Verbindungen, also Eltern zu Kindern, Geschwister untereinander, Tanten, Onkel, Großeltern? Dann geht es um „innerfamiliäre Gewalt“.
Partnerschaftsgewalt
Im Bereich Partnerschaftsgewalt wurden 167.865 Opfer erfasst, ein Anstieg von 6,4 % gegenüber 2022. 79,2 % weiblich (132.966), 20,8 % männlich (34.899).
Innerfamiliäre Gewalt
Im Bereich innerfamiliärer Gewalt waren es 88.481 Opfer, ein Anstieg von 6,9 % gegenüber 2022. 46 % männlich (40.662), 54 % weiblich (47.749).
Tatverdächtige überwiegend männlich
Die Tatverdächtigen sind mit deutlicher Mehrheit männlich. Das BKA zählte für den gesamten Bereich der „häuslichen Gewalt“ in 2023 208.810 Tatverdächtige: 24,4 % weiblich (50.878), 75,6 % männlich (157.932). Bei der Partnerschaftsgewalt liegt der Anteil männlicher Tatverdächtiger bei über 77,6 %, bei innerfamiliärer Gewalt bei 71,9 %. Männer sind nicht nur im Bereich häuslicher Gewalt überwiegend Täter bzw. Tatverdächtige, sondern auch bei Gewaltdelikten im öffentlichen Raum.
Hintergrund dafür ist, dass Gewalt eng mit bestimmten Bildern von Männlichkeit und gesellschaftlichen Männlichkeitsanforderungen verknüpft ist und sich dies in den Sozialisationserfahrungen vieler Jungen und Männern widerspiegelt. Um Gewalt wirksam zu bekämpfen und die Prävention zu stärken, muss vor allem hier angesetzt und investiert werden, davon ist das Bundesforum Männer überzeugt.
Männliche Opfer in den Blick nehmen
Dass Männer zugleich aber auch Opfer sind, insbesondere bei Gewalttaten im öffentlichen Raum, gerät durch eine geschlechterstereotype Täter-Opfer-Betrachtung leider oft aus dem Blick. Dies gilt auch für den Bereich der häuslichen Gewalt, wo im Bereich der Partnerschaftsgewalt rund jedes fünfte Opfer (20,8%) und im Bereich der innerfamiliären Gewalt fast jedes zweite Opfer (46%) männlich ist. Gerade im Bereich der innerfamiliären Gewalt sind viele der Betroffenen männliche Kinder und Jugendliche.
Wie groß die Zahl der von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen, Männer und Jungen tatsächlich ist, lässt sich aus den Befunden des BKA zum Hellfeld letztlich nicht ablesen. Deshalb ist es überfällig, dass fast 20 Jahre nach der Studie „Gewalt gegen Frauen“ und der Pilotstudie „Gewalt gegen Männer“ nun mit LeSuBiA eine vergleichende Dunkelfeldstudie umgesetzt wird. Als Bundesforum Männer begrüßen wir das ausdrücklich
Welche Maßnahmen wir jetzt dringend brauchen
Schnelle Umsetzung des Gewalthilfegesetzes entsprechend der neuen EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt und der Istanbul Konvention
Ausbau des Opferschutzes für Frauen
Finanzielle Absicherung vorhandener Beratungseinrichtungen und Frauenhäuser
Schnelle Umsetzung der geplanten Bundesgesetzesinitiative zur Absicherung der Frauenberatungseinrichtungen und Frauenhäuser
Informations- und Aufklärungsarbeit: auch Männer und Jungen sind von Häuslicher Gewalt bzw. Partnerschaftsgewalt betroffen
Ausweitung von niedrigschwelligen und multilingualen Hilfe- und Beratungsangeboten für betroffene Männer
Ausbau des Opferschutzes für Männer
Absicherung der vorhandenen Gewaltschutzwohnungen für Männer – mindestens fünf Schutzwohnungen pro Bundesland sollten verlässlich vorgehalten werden
Ausbau des „Hilfetelefons Gewalt an Männern“ zu einem bundesweiten Hilfetelefon mit 24/7 Erreichbarkeit mit Bundesmitteln
Eine flächendeckende geschlechterreflektierte Jungen- und Männerarbeit zur Förderung der primären Gewaltprävention
Mehr Täterarbeit zur Förderung der sekundären und tertiären Gewaltprävention
Vermittlung von Gender- und Männlichkeitskompetenzen in der Fachkräfte-Aus- und Weiterbildung
Ressortübergreifende politische Strategie zur Prävention und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die auch Jungen und Männer als Opfer und Täter berücksichtigt
Integration der Perspektive gewaltbetroffener Jungen und Männer in die bundes-, landes- und kommunalweiten Gewaltschutzrichtlinien und Fördermaßnahmen
Die Ergebnisse der Europawahlen 2024 sind alarmierend. Rechte und rechtsradikale Parteien konnten deutlich zulegen. Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September ist ähnliches zu befürchten.
Vor diesem Hintergrund haben sich mehrere BFM Mitglieder gegen Hass und Hetze gestellt. So veröffentlichte beispielsweise das Forum katholischer Männer (FkM) im Mai ein Positionspapier mit klarer Botschaft: “Entschieden wenden wir uns (…) gegen jegliche menschenverachtenden Tendenzen und Demokratiefeindlichkeit in unserer Gesellschaft”.
Der SKM Bundesverband hat unter anderem den Männerberater und Aktivisten gegen Rechts Stefan Brungs in den Podcast von “Echte Männer reden” eingeladen. Und ob DGB, LSVD+ oder der CV Kiel – viele Organisationen nutzten ihre Social Media Kanäle, um zur Wahl gegen Rechts aufzurufen.
Mitgliederversammlung 2024: Abschiede und Neuanfänge
Die Mitgliederversammlung ist für das Bundesforum Männer jedes Jahr wieder ein wichtiger Anlass, um als Verband in den Austausch zu kommen und zentrale Entscheidungen zu treffen.
Eine Besonderheit der diesjährigen Mitgliederversammlung (MV) war die Verabschiedung der Vorstandsmitglieder Dirk Siebernik und Jörg Bewersdorf sowie der langjährigen Wegbegleiter Franz-Josef Schwack und Martin Rosowski als Delegierte. Mit der Wahl des neuen Vorstands stand die MV 2024 aber auch für Aufbruch und Neuanfänge.
10 Jahre im Vorstand des BFM, das war für mich eine spannende, interessante aber auch lehrreiche Zeit. Vor allem auch, weil die Diskussionen über den richtigen Weg, um die gemeinsamen Ziele des BFM zu erreichen, stets freundschaftlich geführt wurden, werde ich diese Arbeit vermissen. Dem neuen Vorstand wünsche ich weiterhin gutes Gelingen und viel Erfolg. Als Delegierter des DGB und Kassenprüfer, aber auch sonst werde ich dem BFM verbunden bleiben. Wir sehen uns also! Jörg Bewersdorf
Seit mehr als 15 Jahren engagiere ich mich für gleichstellungsorientierte Jungen-, Männer und Väterpolitik in Mecklenburg-Vorpommern, in den vergangenen drei Jahren auch im Vorstand des Bundesforum Männer. In dieser schwierigen und krisendominierten Zeit (Krieg, Pandemie) erlebte ich eine kollegiale und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit meinen Vorstandskollegen. Die Herausforderungen für unseren Verband werden – mit Blick auf die politischen Entwicklungen in unserem Land – nicht kleiner. Fachliche Schwerpunkthemen wie die geschlechterreflektierte Arbeit mit männlichen Flüchtlingen oder die Weiterentwicklung von innerverbandlicher Diversität werde ich auch zukünftig engagiert und aktiv begleiten. Dirk Siebernik
Abschied als Delegierte in der Mitgliederversammlung: Thomas Altgeld bedankte sich bei Martin Rosowski (links) und Franz-Josef Schwack (rechts) für viele Jahre des Engagements im und für das Bundesforum Männer.
Martin Rosowski: „Es ist gut, wie es geworden ist…Schön, dass ich das sagen kann über mein Herzensprojekt. Ich bin stolz, dass wir gemeinsam mit unserer reflektierten emanzipatorischen Männlichkeitsperspektive zur Entwicklung moderner Gleichstellungspolitik in Deutschland beitragen konnten. Danke für die von tiefem Vertrauen getragene Zusammenarbeit an alle Kolleg:innen aus Vorstand und Mitgliedschaft, vor allem aber in der Geschäftsstelle. Ich bleibe Euch im Herzen eng verbunden!“
Franz-Josef Schwack: „Das BFM gehört zu den herausragenden Meilensteinen meiner beruflichen Laufbahn.Als Leiter der Steuerungsgruppe zur Vorbereitung der Gründung des BFM war der offizielle Start 2010 für mich ein großer Erfolg. Das BFM hat es geschafft, teils sehr unterschiedliche gesellschaftliche Akteure zu vereinen, um so der Männerarbeit bundesweit eine Stimme zu geben. Dank des großen Engagements vieler engagierter Kollegen und der Geschäftsstelle konnten wir seitdem viele Projekte umsetzen. Ich wünsche dem BFM weiterhin alles Gute für die Zukunft!“
Neuer Vorstand, neue Perspektiven
Bei den Vorstandswahlen wurde alle Kandidaten mit deutlicher Mehrheit in ihrem Amt bestätigt bzw. neu in das Gremium gewählt. Somit bleibt Thomas Altgeld Vorstandsvorsitzender des Verbands. Stephan Buttgereit und Prof. Dr. Michael Tunç sind weiterhin seine beiden Stellvertreter und bilden gemeinsam mit ihm den geschäftsführenden Vorstand. In den erweiterten Vorstand wurden Martin Treichel und Thomas Wilde wiedergewählt. Neu im Vorstand sind Reentje Streuter, Referatsleiter Antidiskriminierungsrecht/ -politik in der Abteilung Recht und Vielfalt der DGB- Bundesvorstands-verwaltung. Hinzu kommt Hagen Bottek, Vorstandsvorsitzender der LAG Jungen- und Männerarbeit Thüringen. BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper: „Herzlichen Glückwunsch zur Wieder- bzw. Neuwahl in den Vorstand des Bundesforums. Ich freue mich sehr auf die weitere Zusammenarbeit!“
Vielen Dank für das große Vertrauen! Ich freue mich sehr darüber, das Bundesforum Männer weiterhin als Vorstandsvorsitzender begleiten zu dürfen. Zusammen mit dem Vorstandskollegium, der Mitgliedschaft und der hauptamtlichen Geschäftsstelle werden wir den erfolgreichen Weg der letzten Jahre weitergehen. Dabei ist für mich zentral, unseren Verband zu einem noch relevanteren gleichstellungspolitischen Akteur auf Bundesebene, aber zunehmend auch international, weiterzuentwickeln. Denn wir alle wissen: Für eine umfassende Gleichstellung der Geschlechter gibt es noch viel zu tun! Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender BFM
In Social Media Beiträgen haben wir auch die neuen Vorstandsmitglieder Hagen Bottek und Reentje Streuter bereits vorgestellt:
Neues außerordentliches Mitglied im BFM
Wir freuen uns, den IB Süd aus München, Bereich Jugendhilfe und Migration, als außerordentliches Mitglied in unserem Verband begrüßen zu dürfen. Jörg Zimmermann, stellvertretender Leiter des FamilienInterventionsTeams FIT, wurde bei der Mitgliederversammlung von Thomas Altgeld herzlich im BFM willkommen geheißen.
BFM bei der UN-Frauenrechtskommission: Editorial von BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper
Jungen und Männer müssen auf dem Weg zu Gleichstellung adressiert und eingebunden werden. Dass sich diese Devise bei immer mehr Akteuren durchsetzt, beschreibt Dag Schölper als Highlight seiner Reise zur 68. UN Frauenrechtskommission im März 2024.
Ein besonderes Highlight liegt erst wenige Tage zurück: Für das Bundesforum Männer durfte ich als Mitglied der Deutschen Delegation an der 68. Frauenrechtskommission (FRK) in New York teilnehmen. Die FRK ist die Fachkommission für die Gleichstellung der Geschlechter und für die Förderung von Frauenrechten der Vereinten Nationen. Sie tagt jährlich für zwei Wochen im UN Hauptquartier. In diesem Jahr war das Schwerpunktthema Armut und deren Rolle für die Gleichstellung der Geschlechter und die Teilhabe von Frauen und Mädchen.
In der ersten Woche fanden vor allem die Generaldebatte und die „Ministerial round tables on the priority theme“ statt. Darin berichteten die Staaten der Welt über ihre Fortschritte und Vorhaben mit Blick auf den Stand der Frauen- und Mädchenrechte und die gleichstellungspolitischen Entwicklungen. Bundesministerin Lisa Paus betonte in ihrer Rede, dass wir uns alle gemeinsam für Armutsbekämpfung, Frauen- und LGBTQ-Rechte sowie gegen Hassrede und Antifeminismus einsetzen sollten.
Jungen und Männer als strategische Partner für Gleichstellung
Die zweite Woche war neben der Fortführung der Generaldebatte vor allem geprägt von den „Informal consultations on agreed conclusions“. In diesen Verhandlungen geht es um gemeinsame Vereinbarungen, an denen sich die Staaten gleichstellungspolitisch messen lassen wollen. Das am Ende verabschiedete Abschlussdokument erkennt die Rolle von Jungen und Männern als „agents of change“ ausdrücklich an und benennt sie als strategische Partner und Allies auf dem Weg zu Geschlechtergerechtigkeit und Empowerment von Mädchen und Frauen. Das ist ein gutes Zeichen, auch für uns als Verband.
Neben dieser offiziellen politischen Ebene gab es auch ein großes Angebot für Nichtregierungsorganisationen. Im sogenannten NGO-CSW-Forum fanden über 750 Veranstaltungen statt, um sich zu informieren, auszutauschen und zu vernetzen. Einige der Veranstaltungen habe ich besucht. Was mich dabei besonders gefreut hat: Auch dort haben viele Akteure erkannt, dass wir für die Gleichstellung der Geschlechter und für bessere Chancen für Frauen und Mädchen zwingend Jungen, Männer und Väter adressieren und einbinden müssen. Dank gilt dabei auch Akteuren wie MenEngage und Equimondo, die sich für diese Perspektive weltweit einsetzen.
Werben für gleichstellungsorientierte Männerpolitik
Ob Vortrag, Panel oder Essay: Im ersten Quartal des Jahres war das Team der Geschäftsstelle in ganz Deutschland und darüber hinaus unterwegs, um unsere Themen in die Breite zu bringen.
Bevor es für BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper zur UN Frauenrechtskommission nach New York ging, stellte er unseren Verband mit dem Impuls „Wann ist ein Mann ein Mann?“ beim Berliner Rotary Club vor. Dr. Marc Gärtner moderierte einen digitalen MenEngage Workshop und hielt bei der Grünen Stadtratsfraktion in Leipzig einen Impuls über „Vielfältige Männerbilder“. Es folgte ein Vortrag anlässlich des Equal Care Days. Bei der Deutschen Rentenversicherung ging es um Männlichkeit und betriebliche Gleichstellung. Klaus Schwerma war für das BFM u.a. in Liechtenstein zum Austauschtreffen Männergewaltschutz aller deutschsprachigen Länder. Karsten Kassner hat auf einem Fachtag des Deutschen Vereins einen Vortrag über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie von Vätern gehalten, einen Artikel anlässlich des Equal Pay Days verfasst und sich in den Medien für eine Reform des Elterngelds stark gemacht. Für mehr Infos oder Rückfragen stehen die die jeweiligen Kollegen gerne zur Verfügung. Schon gewusst? Einen Pressespiegel mit allen aktuellen Beiträgen über das Bundesforum bieten wir seit Kurzem auf der Website an.
Arbeitsgruppe „Sexualisierte Gewalt an Jungen“ erarbeitet Mitgliederumfrage
Nach dem Auftakttreffen am 20. November 2023 in Frankfurt am Main ist die Arbeitsgruppe „Sexualisierte Gewalt an Jungen“ am 15. März 2024 erneut zusammen gekommen. Ziel des digitalen Meetings war es, nächste Schritte zu besprechen und konkrete to dos zu verabreden.
Nächste Schritte verabredet
Nach eingehender Diskussion waren sich alle Teilnehmer einig: Bevor das BFM mit dem Thema nach außen geht, sollten wir das Augenmerk zunächst auf den Verband selbst richten. Eine Untergruppe der AG wird deshalb als ersten Schritt eine kurze verbandsinterne Umfrage erstellen. Dabei soll unter anderem abgefragt werden, ob sich Mitglieder bereits mit dem Thema sexualisierte Gewalt und Missbrauch an Jungen befasst haben, in irgendeiner Form aktiv geworden sind oder aber Bedarfe sehen. Eine weitere Untergruppe verfolgt parallel die Idee weiter, ein Arbeitstreffen mit externen Akteuren wie z.B. der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) oder Interessenverbänden von Betroffenen wie dem Eckigen Tisch zu organisieren. Über die bisher geleistete Arbeit und die nächsten Schritte wird die AG auch auf der Mitgliederversammlung am 16. Mai 2024 in Berlin berichten.
Eckpunkte zur Reform des Kindschafts- und Abstammungsrechts
Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat am 16. Januar 2024 Eckpunkte für eine Reform des Kindschaftsrechts und des Abstammungsrechts veröffentlicht. Damit legt das BMJ erste konkrete Vorschläge vor, wie die im Koalitionsvertrag angekündigte Modernisierung des Familienrechts umgesetzt werden soll.
Ziel der Reform des Kindschaftsrechts ist es, die Regelungen im Sorge-, Umgangs- und Adoptionsrecht so zu modernisieren, „dass sie allen in der Gesellschaft gelebten Familienformen hinreichend Rechnung tragen und die Rechtsstellung von Kindern gestärkt wird“. Bei der Reform des Abstammungsrechts sollen die zugrundeliegenden Regelungen „in zeitgemäßer Weise fortgeschrieben und die Defizite des geltenden Rechts behoben werden, ohne dass dabei bewährte Grundsätze aufgegeben werden.“
Insgesamt wird angestrebt, damit vor allem die gelebte Realität von Trennungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien in ihrer Vielfalt besser als bisher im Familienrecht abzubilden. Aus Sicht des Bundesforum Männer ist das ein wichtiges und seit langem überfälliges Vorhaben.
Das Zwei-Eltern-Prinzip soll grundsätzlich beibehalten werden. Zukünftig sollen aber zwei rechtliche Mütter ebenso möglich sein, wie verbindliche Elternschaftsvereinbarungen vor der Zeugung – bspw. in Konstellationen, wo ein schwules und ein lesbisches Paar gemeinsam eine Familie gründen wollen. Zudem sollen im FamilienrechtVereinbarungen zu sorgerechtlichen Befugnissen mit bis zu zwei weiteren Personen jenseits der Eltern möglich sein (kleines Sorgerecht). Änderungen soll es darüber hinaus bei der Feststellung bzw. Anfechtung der Vaterschaft sowie bei den Möglichkeiten von Kindern geben, die eigene Abstammung feststellen lassen zu können.
Im Sorge- und Umgangsrechtsind verschiedene Neuerungen geplant, um dieGestaltungsautonomieund -optionen der Eltern zu vergrößern, auch mit Blick auf die Stärkung einer am Kindeswohl orientierten partnerschaftlichen Betreuung im Trennungsfall. Zugleich soll der Schutz von Kindern und Partner:innen vor Gewalt zukünftig im Sorge– und Umgangsrecht systematisch Berücksichtigung finden.Darüber hinaus ist geplant, die Vielfalt von Betreuungsmodellen im Trennungsfall im Gesetz besser abzubilden. Kinderrechte sollen ebenso gestärkt werden wie die Rechte unverheirateter Väter mit Blick auf das gemeinsame Sorgerecht. Zudem soll das Adoptionsrecht liberalisiert werden.
Der Modernisierungsbedarf im Familienrecht ist groß und besteht seit vielen Jahren. In den vergangenen Wahlperioden ist es nicht gelungen, das Familienrecht substanziell zu reformieren. So gesehen kommen die Eckpunkte nun auch diesmal sehr spät. Denn es geht um tiefgreifende Veränderungsvorschläge und bereits jetzt ist abzusehen, dass diese – je nach Standpunkt und Blickwinkel – sehr unterschiedlich bewertet werden. Für das Gesetzgebungsverfahren und eine begleitende öffentliche Debatte sollte also ausreichend Zeit zur Verfügung stehen. Bis zum Ende der Legislatur bzw. bis zum einsetzenden Bundestagswahlkampf bleibt aber nun kaum mehr als ein Jahr. Das ist für ein Gesetzgebungsprozess dieser Reichweite nicht viel.
Die Gelegenheit zu einer umfangreichen Stellungnahme zu den beiden Eckpunktepapieren werden wir als Bundesforum Männer gesondert wahrnehmen und den nun anstehenden weiteren Prozess konstruktiv-kritisch begleiten.
Mehr Gleichstellungspolitik wagen: Editorial von BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper
Editorial von Geschäftsführer Dr. Dag Schölper aus dem Mitgliedernewsletter BFM Intern 3/2023. Themen sind die Ergebnisse der vom BFM in Auftrag gegebenen Studie „Männerperspektiven“ und die erfolgreiche Bewilligung es neuen Projekts “Nachhaltige Männlichkeit stärken – toxische Männlichkeit überwinden”.
In den vergangenen Wochen war politisch einiges los. Still wurde es hingegen um gleichstellungspolitische Vorhaben der Bundesregierung, die auch für Jungen, Männer und Väter eine Relevanz haben. Ob Vaterschaftsfreistellung, Unterhaltsrecht, Abschaffung des Ehegattensplittings, Lohnersatzleistung für Angehörigenpflege, Selbstbestimmungsgesetz oder die Kindergrundsicherung – bei keinem dieser Vorhaben hat es die Ampelkoalition geschafft, entscheidende Schritte voranzukommen oder bleiben die vorliegenden Gesetzentwürfe hinter den Erwartungen weit zurück.
Wie wichtig eine aktive und effektive Gleichstellungspolitik für Männer wäre, hat zuletzt auch unsere Studie „Männerperspektiven“ unterstrichen, die wir am 17. November vorgestellt haben. Darin haben 84 Prozent der befragten Männer angegeben, dass sie Gleichstellung wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt finden. Gleichzeitig sagten gut Zweidrittel, dass die Gleichstellungspolitik die Bedürfnisse und Anliegen von Männern nicht ausreichend berücksichtige und ungefähr die Hälfte findet, dass auch mit Blick auf Frauen noch nicht genügend getan werde.
Die gleichstellungspolitische Strategie muss weiterentwickelt werden
Daraus ergibt sich ein klarer Auftrag an “die” Politik. Die gleichstellungspolitische Strategie muss tatsächlich weiterentwickelt werden. Sie muss dezidiert auch Männer in ihren unterschiedlichen Bedarfslagen wahrnehmen und mit passenden Maßnahmen darauf reagieren. Tut sie das nicht, so ist zu befürchten, dass sich die Tendenz verstärkt und mehr Männer zu Skeptikern oder sogar zu Gegnern einer aktiven Gleichstellungspolitik werden. Ein gefundenes Fressen für populistische Akteure, um Ressentiments zu bedienen, bewusst zu spalten und vermeintlich einfache Lösungen anzubieten.
Beunruhigend ist, dass gerade unter jungen Männern, mit einem Viertel der unter 30-jährigen, die Distanz zu Gleichstellung am weitesten verbreitet zu sein scheint. Um die Ursachen besser zu verstehen, haben wir das DELTA-Institut gebeten, eine Sonderauswertung mit Fokus auf die jungen Männer vorzunehmen.
Angesichts der aktuellen haushaltspolitischen Lage freuen wir uns sehr, dass wir in 2024 mit unserem neuen 3-jährigen Projekt “Nachhaltige Männlichkeit stärken – toxische Männlichkeit überwinden” durchstarten können. Nun aber wünsche ich Euch und Ihnen eine anregende Lektüre, einen möglichst stressfreien Jahresausklang und schöne Feiertage! Herzliche Grüße im Namen der gesamten Geschäftsstelle und des Vorstands Ihr und Euer Dag Schölper