Einschätzungen des BFM zur Leipziger Autoritarismusstudie 2024

Die am 13. November 2024 erschienene „Leipziger Autoritarismus-Studie 2024“ liefert alarmierende Einblicke in die Verbreitung rechtsextremer, autoritärer und antifeministischer Einstellungen in Deutschland. Aus Sicht des Bundesforum Männer unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung von Maßnahmen, die ein differenziertes Verständnis von Männlichkeit fördern und schädliche Geschlechternormen abbauen. 

Antifeministische Einstellungen weit verbreitet

Ein zentraler Befund der Studie ist die weit verbreitete Zustimmung zu antifeministischen, sexistischen und transfeindlichen Einstellungen. “Ein Viertel der deutschen Bevölkerung vertritt geschlossen antifeministische Einstellungen, genauso viele ein geschlossen sexistisches Weltbild. Bei geschlossenen transfeindlichen Einstellungen liegen die Werte mit 37 % noch deutlich höher”, so die Studie. In Ostdeutschland und bei Männern insgesamt fallen diese Werte besonders hoch aus. Der Anteil der Bevölkerung, der Frauen eine untergeordnete Rolle zuschreibt oder feministische Forderungen als störend betrachtet, bleibt damit konstant hoch. 
 
Darüber hinaus zeigt die Studie, dass das Gefühl persönlicher Benachteiligung und allgemeiner wirtschaftlicher Unsicherheit stark mit der Unterstützung für rechtsextreme Positionen verbunden ist. Die Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit sozialer und wirtschaftlicher Unterstützung, um das Risiko autoritärer Einstellungen zu verringern.  

Die Studie zeigt ebenfalls, dass Männer stärker zu autoritären und rechtsextremen Einstellungen neigen als Frauen. Die Förderung einer sensiblen Auseinandersetzung mit Demokratie und Gleichberechtigung bleibt daher auch für das Bundesforum Männer ein zentrales Anliegen, um Männer für positive gesellschaftliche Veränderungen zu gewinnen – und damit zugleich ein nachhaltiges und empathisches Männlichkeitsbild zu fördern. 

Mit geschlechterreflektierter Männerarbeit Antifeminismus und Transfeindlichkeit entgegenwirken

Aus Sicht des Bundesforum Männer zeigt die Leipziger Autoritarismus-Studie 2024 zudem, wie dringend notwendig eine geschlechterreflektierte Männerarbeit ist, um extremen Ideologien wie Antifeminismus und Transfeindlichkeit entgegenzuwirken. Unsere erst kürzlich verabschiedete gemeinsame Erklärung betont, dass Männerarbeit dazu beitragen kann, traditionelle Männlichkeitsanforderungen zu hinterfragen und alternative Rollenbilder zu etablieren. Indem sie Jungen und Männer stärkt, sich von toxischen Verhaltensmustern zu lösen, leistet sie einen wesentlichen Beitrag zur Gleichstellung und zur Förderung von Vielfalt und Respekt in der Gesellschaft. Somit ist dringend geboten, Männerarbeit als integralen Bestandteil der psychosozialen Grundversorgung anzuerkennen und flächendeckend auszubauen. 

Väterzentrum Dresden ist neues außerordentliches Mitglied im BFM

Das Väterzentrum Dresden, seit dem 1. November 2024 neues außerordentliches Mitglied im Bundesforum Männer, ist seit vielen Jahren ein Ort der Begegnung und Unterstützung für Väter in allen Lebensphasen. Im Interview spricht Geschäftsführer Holger Strenz darüber, wie das Zentrum Männer dabei unterstützt, eine aktive und selbstbewusste Vaterschaft zu leben, Rollenbilder aufzubrechen und warum Gleichstellungsarbeit für Väter so wichtig ist.

Wer seid ihr und was macht das Väterzentrum Dresden? 

Holger Strenz: Das Väterzentrum Dresden ist ein Anlauf- und Begegnungsort von, für und mit Vätern. Wir begleiten Väter* in allen Lebensphasen – ob werdende Papas, frischgebackene Väter oder erfahrene Väter – und bieten Unterstützung, Beratung sowie einen Raum für Austausch. Unser Ziel ist es, Väter zu stärken und Isolation zu verhindern. Dabei engagieren wir uns aktiv in der Gleichstellungsarbeit, indem wir Stereotype abbauen und gegen geschlechtsbezogene Benachteiligung vorgehen. Neben unserer Arbeit im Bereich der Jugendhilfe und Familienbildung bieten wir auch Beratungs- und Unterstützungsangebote im Sozialamtsbereich. 

Warum ist euch die Gleichstellungsarbeit so wichtig? 

Gleichstellungsarbeit bedeutet für uns, Väter* und ihre Bedürfnisse in den Fokus zu rücken und gesellschaftliche Strukturen so zu gestalten, dass Väter* gleichberechtigt und ohne Stereotype agieren können. Unsere Schwerpunkte liegen darin, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen und Männern* die Möglichkeit zu geben, ihre Vaterrolle aktiv und selbstbewusst zu leben.  

Welche Herausforderungen seht ihr in eurer täglichen Arbeit? 

Aus der Praxis wissen wir, dass Väter gerade unter einem hohen eigenen und äußeren Erwartungsdruck stehen. Sie wollen aktive Vaterschaft leben und verlieren sich selbst dabei aus dem Blick, sorgen sich zu wenig um sich selbst. Sie wollen funktionieren und ihre Familie schützen. Aber ganz wichtig, den Kontakt zu ihren Kindern leben. 

Darüber hinaus erleben wir Grenzen, die durch Bundesgesetzgebung gesetzt werden. Diese machen es schwer, eine gelingende Vaterschaftsarbeit vor Ort umzusetzen. Gleichzeitig sehen wir aber auch die Chancen einer bundesweiten Vernetzung. Es ist essenziell, die Erfahrungen und Ressourcen aus der Praxis mit den Möglichkeiten auf Bundesebene zu verbinden, um nachhaltige Verbesserungen zu erreichen. Die Petition zur Vaterschaftsfeststellung zur Geburt ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig ein starkes Netzwerk ist. Auch wenn die gesetzliche Regelung weiter auf sich warten lässt.   

Was möchtet ihr durch eure außerordentliche Mitgliedschaft im Bundesforum Männer erreichen? 

Durch unsere außerordentliche Mitgliedschaft im Bundesforum Männer möchten wir daran mitwirken, die Themen von Vätern auf die Bundesebene zu tragen. Wir sehen uns als Brücke zwischen der Praxis vor Ort und den Entscheidungsebenen auf Bundesebene. Unsere Mitgliedschaft im BFM und die Mitarbeit in Projekt- und Arbeitsgruppen soll bewirken, dass die Perspektiven und Bedürfnisse von Vätern* noch mehr Gehör finden.  

Wie sieht eure Zusammenarbeit mit anderen Akteur:innen der Gleichstellungsarbeit aus? 

Vernetzung und Kooperation sind für uns alltägliche Praxis. Wir arbeiten ressourcenorientiert und pflegen eine enge Zusammenarbeit mit anderen Akteurinnen der Gleichstellungsarbeit. Der Austausch mit verschiedenen Partnern ist uns wichtig, um unsere Angebote weiterzuentwickeln und gemeinsam gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen. Dabei setzen wir auf eine klare Positionierung und engagiertes Mitwirken in Projekten, die die Gleichstellung von Männern* und Vätern* voranbringen. 

Pionier der Männerarbeit: Andreas Borter mit 73 Jahren gestorben

Am 1. August 2024 ist Andreas Borter im Kreis seiner Familie an den Folgen einer Herzerkrankung gestorben.

Als Theologe in der Erwachsenenbildung wirkte Andreas Borter vor allem in der Schweiz. Doch auch in Deutschland prägte er die Männer- und Väterarbeit. In der Schweiz initiierte er als einer der ersten Seminare zu Männlichkeit und organisierte Vater-Kind-Kurse. Andreas Borter trat für eine Männerarbeit mit Breitenwirkung ein und holte ab 1994 das Göttinger Institut für Männerbildung in die Schweiz. In Bern baute er «Männer unterwegs mit Männern» (MUMM) mit auf, den Trägerverein des Berner Männerbüros. Er beteiligte sich bei den ersten Vernetzungstreffen aller regionaler Männerbüros in der Schweiz und war Gründungsmitglied von männer.ch – dem Dachverband Schweizer Männer- & Väterorganisationen. 
Nachfolgend findet Ihr den Nachruf seiner Wegbegleiter von männer.ch Christoph Walser und Markus Theunert, von Hans Prömper vom Forum Katholischer Männer sowie von Frank Keil von MännerWege.

Rückblick auf die Meet&Speaks „Jungen*arbeit“ und „Vorstand berichtet“ 2024

Insgesamt sechs Mal treffen wir uns in diesem Jahr zu digitalen Mitglieder Meet&Speaks zu unterschiedlichen Schwerpunkten. Im September haben zwei Termine stattgefunden: Für das Meet&Speak „Jungen*arbeit“ am 5. September konnten wir Olaf Jantz und Christian Redies von der BAG Jungen*arbeit als Hosts gewinnen. Besonderer Dank gilt Olaf Jantz für seinen Impuls „Große Helden in Not?“ Was die Männerarbeit von der Jungen*arbeit lernen kann“.

Zwei Mitglieder-Meet&Speak: Danke für den guten Austausch!

Am 19. September berichtete zudem der BFM Vorsitzende Thomas Altgeld über die zurückliegenden Aktivitäten des Verbands und bot einen Ausblick auf den Rest des Jahres. Hagen Bottek von der LAG Jungen- und Männerarbeit Thüringen und neues BFM Vorstandsmitglied schilderte außerdem die politische Situation in seinem Bundesland und darüber hinaus nach dem Rechtsruck bei den Landtagswahlen. Danke dafür und an alle, die dabei waren und sich an der Diskussion beteiligt haben. 

Alle Präsentationen findet ihr unter den unten stehenden Links zum Download.

Jetzt für die nächsten Meet&Speaks registrieren!

Nach der Registrierung erhaltet ihr wie gewohnt den Einwahllink.

Mitgliedertermine im Überblick

Den Austausch fördern, Dialog ermöglichen und neue Impulse setzen: Innerverbandliche Termine sind ein zentraler Baustein unserer Verbandskultur.

Neben der Mitgliederversammlung sind unsere digitalen Meet & Speaks das wichtigste Format, um Mitgliedschaft, Vorstand und Geschäftsstelle zu vernetzen. Mehrmals im Jahr laden wir dafür zu unterschiedlichen Schwerpunkthemen ein. Die Meet & Speaks finden jeweils donnerstags von 16:00 bis 17:30 Uhr per Zoom statt. Für die Teilnahme ist eine Registrierung per vorab notwendig. Anschließend wird der Zoom-Link an die angegebene Email-Adresse übermittelt.

Übersicht Meet & Speak-Termine 2024/2025

07.11.24
Meet & Speak Länderperspektiven.Mehr Infos und Anmeldung
05.12.24
Meet & Speak Männerthemen: „Begriff Toxische Männlichkeit. No-Go oder nötige Provokation?“. Zur Anmeldung
23.01.25
Meet & Speak: Jahresauftakt mit Thomas Altgeld.Zur Anmeldung
Die Liste wird laufend aktualisiert.

Save the Date: Weitere für Mitglieder relevante Termine

24.01.25BFM Auftaktveranstaltung mit Bundesministerin Lisa Paus in Berlin. Mehr Infos folgen.
04.06.25Fachtag „Spielarten des Hasses: Männer und Männlichkeiten in Extremismus und Antifeminismus“. Mehr Infos folgen.
05.06.25BFM Mitgliederversammlung. Mehr Infos folgen.

Termine, über die Sie die BFM Mitgliedschaft gerne informieren möchten?

Gerne Info per Email an segal(at)bundesforum-maenner.de

„Darum ist es wichtig, Initiative zu ergreifen.“ Editorial von BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper

Liebe Mitglieder des Bundesforum Männer,
bei den letzten drei Landtagswahlen haben etwa ein Viertel der Wählerinnen und ein Drittel der Wähler der extrem rechten AfD ihre Stimme gegeben. Ein Blick in die Wahlprogramme zeigt, dass die Partei die traditionelle Familienordnung aus deutschem Ehemann, deutscher Ehefrau und ihren – möglichst zahlreichen – deutschen Kindern bewahren bzw. wiederherstellen will.

Der Unterschied zwischen Mann und Frau, Vater und Mutter sind für die AfD nicht nur unbedingt anzuerkennen, sondern jede tatsächliche Gleichstellung wird als ideologischer Angriff auf Tradition und letztlich auf vermeintlich biologische Tatsachen vehement zurückgewiesen. Mit Geldleistungen und Steuererleichterungen  –  nur für „deutsche“ Eltern – soll eine völkisch-nationale Geburtenpolitik aktiv gefördert werden. Strukturelle Diskriminierung wird geleugnet, Sexismus, Rassismus, und Heteronormativität als bloße linke Inszenierungen verleumdet.  

Mit demokratischer Gelassenheit, die pluralistische Weltsichten akzeptiert, kommen wir an gefährliche Grenzen. Ein Drittel der Männer haben bei den Landtagswahlen diesen rückwärtsgewandten Sichtweisen reale Macht verliehen – egal ob aus strammer Überzeugung oder ob als Protest gegen die Regierungs-  und anderen demokratischen Oppositionsparteien. Für mich ist klar, dass wir das nicht still hinnehmen können und mit einem, den Kopf in den Sand steckenden Weiter-so, Gefahr laufen, diese reaktionären Tendenzen zu stärken. Darum ist es wichtig, Initiative zu ergreifen.  

Initiative: Männer gegen Rechts

Gemeinsam mit der LAG Jungen- und Männerarbeit Sachsen und dem SKM Bundesverband haben wir am 5. September die Initiative „Männer gegen Rechts“ gestartet. Sie ruft Männer dazu auf, sich aktiv für Demokratie und eine offene Gesellschaft einzusetzen. Bitte unterstützt diese Initiative. Mehr dazu findet ihr im Newsletter. 

Gemeinsame Erklärung: Männer erreichen, beraten und begleiten

Trotz Hochwasser und Streckensperrungen haben am 16. und 17. September die männerpolitischen Dachverbände der vier deutschsprachigen Länder die internationale Konferenz „Geschlechterreflektierte Männerarbeit – wirkt, stärkt, spart!“ in Wien ausgerichtet. Die dort vorgestellte gemeinsamen Erklärung unterstreicht: Geschlechterreflektierte Männerarbeit unterstützt Männer, die einengende traditionelle Männlichkeitsbilder überwinden wollen.  

Parlamentarisches Frühstück: Im Gespräch mit MdB

Diese Botschaft nehmen wir auch mit zum parlamentarischen Frühstück am 27. September und den dort anwesenden Bundestagsabgeordneten.  

Ich wünsche uns allen Kraft für die kommenden Wochen und eine schöne Herbstzeit. Gerade in diesen schwierigen Zeiten möchte ich euch außerdem einmal mehr für eure wertvolle Arbeit danken!  

Fachtag mit Jahresempfang und BFM Mitgliederversammlung am 4./5. Juni 2025

Am 4. Juni 2025 starten wir mit dem Fachtag und Jahresempfang unter dem aktuellen Arbeitstitel „Spielarten des Hasses: Männer und Männlichkeiten in Extremismus und Antifeminismus“. Wie gewohnt folgt am nächsten Tag, den 5. Juni 2025, die BFM Mitgliederversammlung.

Als Veranstaltungsort haben wir uns diesmal für „martas“, ein Angebot der Berliner Stadtmission entschieden. Durch die fußläufige Nähe zum Berliner Hauptbahnhof ist die Location auch für alle Bahnreisenden gut erreichbar.

Weitere Infos folgen.

„Zu sehen, wie Eltern-Kind-Beziehungen gestärkt werden, motiviert uns jeden Tag aufs Neue.“

Das BFM Mitglied „wellcome“ setz͏t ͏sich seit mehr a͏ls 20 Jahren für die Bedürfnisse von Kindern ein. Mit dem Angebot kindwärts (ehemals „Die Familienhandwerker“) werden getrenntlebende Eltern unterstü͏t͏zt und͏ fin͏anziell entlast͏et͏. Wie das genau funktioniert und welche Rolle gleichstellungsorientierte Männerpolitik dabei spielt, haben wir wellcome-Geschäftsführerin Ilsabe von Campenhausen im Mitgliederinterview gefragt.  

Was macht wellcome/kindwärts und wer ist die Zielgruppe?

Ilsabe von Campenhausen: kindwärts ist ein Angebot der wellcome gGmbH, ein breites Netzwerk für Elternunterstützung, das Familien in ihren verschiedenen Lebensphasen begleitet und stärkt. kindwärts hilft getrenntlebenden Eltern, regelmäßig Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, auch wenn sie weit entfernt wohnen. Wir vermitteln Übernachtungsmöglichkeiten bei privaten Gastgebenden in der Nähe des Wohnorts der Kinder, veranstalten digitale Elternsprechstunden, sowie auf Wunsch Coachings und pädagogische Elternberatung.
Ein Beispiel: Thomas aus Hamburg möchte seine 8-jährige Tochter Lisa in Köln regelmäßig sehen, kann sich aber dauerhafte Hotelkosten nicht leisten. kindwärts vermittelt ihm eine Gastfamilie in Köln für seine Besuche und berät Thomas zu „Erziehung auf Distanz“.

Unsere Zielgruppe sind vorwiegend getrenntlebende Väter, die nicht am Wohnort ihrer Kinder leben. Wir möchten ihnen ermöglichen, trotz Distanz eine enge Beziehung zu ihren Kindern zu pflegen, indem wir finanzielle Hürden abbauen und ein Unterstützungsnetzwerk schaffen.

Zu sehen, wie Eltern-Kind-Beziehungen gestärkt werden und wie sich eine Gemeinschaft des gegenseitigen Helfens entwickelt, motiviert uns jeden Tag aufs Neue.

Welche Erfolge, aber auch Herausforderungen haben Sie bei Ihrer Arbeit bisher erlebt?

Eine unserer Herausforderungen ist die geografische Abdeckung. In einigen Regionen haben wir noch zu wenige Gastfamilien, um der Nachfrage gerecht zu werden. Hier arbeiten wir kontinuierlich daran, unser Netzwerk auszubauen. Auch die Koordination und das Matching von Eltern und Gastgebenden kann komplex sein, besonders wenn es um regelmäßige Besuche geht. Wir optimieren unsere Prozesse stetig, aber es bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe.

Trotz dieser Herausforderungen überwiegen für uns eindeutig die positiven Erfahrungen. Zu sehen, wie Eltern-Kind-Beziehungen gestärkt werden und wie sich eine Gemeinschaft des gegenseitigen Helfens entwickelt, motiviert uns jeden Tag aufs Neue.

Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle Geschlechter gleichberechtigt ihre Rollen in Familie, Beruf und Gesellschaft wahrnehmen können.

Was bedeutet für Sie gleichstellungsorientierte Männerpolitik und was muss aus Ihrer Sicht auf dem Weg zu umfassender Gleichstellung dringend geschehen?

Gleichstellungsorientierte Männerpolitik bedeutet, Männer als aktive Partner im Gleichstellungsprozess zu sehen und zu fördern. Bei kindwärts unterstützen wir Väter darin, engagierte Elternteile zu sein, auch nach Trennungen. Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle Geschlechter gleichberechtigt ihre Rollen in Familie, Beruf und Gesellschaft wahrnehmen können. Das fördert letztlich das Wohl unserer Kinder.

Für umfassende Gleichstellung müssen wir:

  • Flexible Arbeitsmodelle für Väter fördern
  • Elternzeit für Väter normalisieren
  • Rechtliche Rahmenbedingungen für gleichberechtigte Elternschaft stärken
  • Geschlechterstereotype abbauen
  • Unterstützungsangebote für Väter ausbauen
  • Den Dialog zwischen Geschlechtern fördern

Was ist Ihre Motivation Mitglied im BFM zu sein und was möchten Sie einbringen?

Im Bundesforum Männer möchten wir unsere Erfahrungen mit Trennungsvätern einbringen und von ihren Herausforderungen berichten. Das BFM bietet uns die Möglichkeit, uns mit Gleichgesinnten zu vernetzen und gemeinsam an besseren Bedingungen für engagierte Vaterschaft zu arbeiten. Wir wollen die Stimme für gleichberechtigte Elternschaft verstärken und konkrete Lösungsansätze wie kindwärts vorstellen. Unser Ziel ist es, durch Austausch und Zusammenarbeit einen wichtigen Beitrag zur Gleichstellung und zum Wohl von Familien zu leisten. Wir sehen das BFM als Plattform, um voneinander zu lernen und gemeinsam Veränderungen anzustoßen.

Gleichstellungsorientierte Männerpolitik unter Druck: Editorial von BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper

Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen am 9. Juni 2024 war mit fast 65 Prozent hoch. Mit 15,9 Prozent der Stimmen erreichte die AfD einen Zuwachs von knapp 5 Prozent und wurde bundesweit zweitstärkste Partei. Die neue Partei BSW hat aus dem Stand über 6 Prozent erreicht. Die Ampel-Parteien haben zusammengenommen über 10 Prozent eingebüßt. Damit ist eine deutliche Mitte-Rechts-Verschiebung gegenüber den Ergebnissen von vor fünf Jahren evident.

Ich gehe daher davon aus, dass die Gleichstellungspolitik insgesamt und die gleichstellungsorientierte Männerpolitik im Besonderen von zwei Seiten infrage gestellt werden. Die eine Seite will sie aus Grundüberzeugung abschaffen und zurück zur „guten alten Ordnung“. Die andere Seite muss sich fragen, was derzeit die drängendsten Themen sind. Dabei rutscht dann die Frage der Geschlechtergerechtigkeit schnell von der politischen Tagesordnung. 

Gleichstellungsministerin Paus beim politischen Jahresempfang des BFM

Am 15. Mai hatten wir Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus bei unserem politischen Jahresempfang zu Gast. In ihrer Rede betonte sie die Relevanz des Ansatzes einer „nachhaltigen Männlichkeit“ und bedankte sich ausdrücklich für unsere Arbeit. Der Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, Prof. Johannes Vogel, Ph.D., unterstrich in seinem Vortrag, dass Nachhaltigkeit nur mit Vielfalt möglich sei. Am Beispiel der Covid 19-Pandemie zeigte er: Gäbe es keine Vielfalt, dann hätte das Virus womöglich die gesamte Menschheit dahingerafft. Nachhaltigkeit heißt also nicht bloß, die biologische Artenvielfalt zu erhalten, sondern ist auch darauf übertragbar, dass „nachhaltige Männlichkeit“ nicht nur EINE sein kann, sondern vielfältig sein muss –  und zwar im biologischen wie im sozialen Sinne. Von daher sind all jene politischen Tendenzen, die einer sozialen oder gar völkischen Entmischung und Vereinheitlichung das Wort reden – und damit zugleich einer „(r)echten“ und biologistisch grundierten Männlichkeit –  sicher nicht nachhaltig, aber offenkundig hartnäckig und weit verbreitet. 

Vielfalt auch im neuen BFM Vorstand

Als Bundesforum Männer stehen wir, wie auch unser Fachtag „Nachhaltige Männlichkeit – Was ist das?“ erlebbar machte, für eine bunte und vielfältige Gesellschaft und für ein offenes und diskriminierungsfreies Miteinander ein. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in unserem am 16. Mai neu gewählten Vorstand wider: Die Mitglieder repräsentieren unterschiedliche sexuelle Orientierungen, Konfessionen, Regionen und thematische Schwerpunkte. Am 12. Juni kam der neue Vorstand zu seiner konstituierenden (Online-) Sitzung zusammen. Dabei beschloss er, den Verbändebrief Neuregelung Schwangerschaftsabbruch mitzuunterzeichnen und die Forderung nach Streichung der §§ 218 ff. aus dem Strafgesetzbuch zu unterstützen. 

Gewalt weiter verbreitet als gedacht? Werkstattgespräch zu Perspektiven junger Männer

Aktuelle Studien fördern mit Blick auf jüngere Männer (18-30 Jahre) Einstellungsmuster zutage, in denen patriarchalisch-hierarchische und egalitäre Vorstellungen von Partnerschaft und Geschlechterverhältnissen irritierend selbstverständlich nebeneinander stehen. Auch eine gewisse Gewaltoffenheit scheint weiter verbreitet als gedacht.

Dies ergab auch die im Herbst 2023 vom Bundesforum Männer beauftragte und von Prof. Dr. Carsten Wippermann durchgeführte repräsentative Studie „Männerperspektiven. Einstellungen von Männern zu Gleichstellung und Gleichstellungspolitik“.

Im Rahmen eines Werkstattgesprächs stellte Prof. Wippermann vertiefende Ergebnisse der Studie mit Blick auf junge Männer vor, um sie anschließend mit ausgewählten Fachleuten sowie Vertreter:innen aus dem BMFSFJ zu diskutieren. Fragen waren hier, inwieweit die Ergebnisse mit den Erfahrungen aus der Praxis überein stimmen und welche Einstellungen und Haltungen junger Männer die Fachleute in der Praxis beobachten. Diskutiert wurde auch, wie erfolgversprechende Ansprachekonzepte und präventive Maßnahmen aussehen könnten, welche Rahmenbedingungen und Strukturen es auf Bundes- und Länderebene braucht und wie sich Kommunen engagieren können.