Ein Foto der Kuppel des Reichstagsgebäudes

Gesetzentwurf ohne Vaterschaftsfreistellung

Am 7. November 2022 war das Bundesforum Männer im Familienausschuss des Bundestags zu einer öffentlichen Anhörung geladen, bei der es um den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtline ging.

Die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie legt EU-weit Mindeststandards der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für alle Mitgliedsstaaten fest. Weiterer Gegenstand der Anhörung war ein Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Einführung eines 28-tägigen Elternschutzes für den zweiten Elternteil ab Geburt des Kindes. Unser Geschäftsführer Dr. Dag Schölper nutzte die Gelegenheit, als Sachverständiger für das Bundesforum Männer deutlich zu machen, dass beim Thema Vereinbarkeit und Gleichstellung auch Männer und Väter eingebunden und direkt adressiert werden müssen, wenn das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter als ein zentrales Grundprinzip der Europäischen Union Früchte tragen soll.

Vaterschaftsfreistellung und Paket für mehr Partnerschaftlichkeit auf die lange Bank geschoben

Die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie sieht dies mit der Einführung einer zweiwöchigen bezahlten Freistellung für Väter ab Geburt eigentlich auch vor. Als neue und zielgruppenspezifische Maßnahme könnte die Vaterschaftsfreistellung einen wichtigen Beitrag dafür leisten, Vätern zu signalisieren, dass sie beim Thema Vereinbarkeit und Gleichstellung mitgedacht werden und unmittelbar von gleichstellungspolitischen Maßnahmen profitieren. Zudem wäre dies ein zentraler Schritt, um den Kulturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft weiter voranzubringen und Sorgeverantwortung im Privaten als Teil auch männlicher (Erwerbs-)Biografien selbstverständlich werden zu lassen. Durch die Vaterschaftsfreistellung werde nicht nur die Vater-Kind-Bindung von Anfang an gefördert, führte Dag Schölper in der Anhörung aus. Er betonte darüber hinaus, dass dadurch zudem die Väterbeteiligung an der Sorgearbeit erhöht, die Erwerbsperspektiven von Müttern gestärkt und insgesamt die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessert werde.

Genau diese Maßnahme hat die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie nun aber ausgespart. Dabei hätten sich viele Väter und ihre Familien gefreut, wenn diese neue familien- und gleichstellungspolitische Leistung bereits zum Stichtag der Umsetzung der Richtlinie am 02. August 2022 Wirklichkeit geworden wäre. Für das Bundesforum Männer ist unverständlich, warum die Einführung einer Vaterschaftsfreistellung in das sogenannte „Paket für mehr Partnerschaftlichkeit“ verschoben wurde, statt sie direkt in den Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie aufzunehmen. Zwar hat die Bundesregierung angekündigt, das Paket noch in diesem Jahr zumindest auf den Weg zu bringen. Doch in den verbleibenden acht Wochen bis zum Jahresende darf damit nun wohl kaum mehr gerechnet werden. Umso mehr erwarten wir als Bundesforum Männer, dass diese wichtige und weichenstellende Maßnahme möglichst rasch in dieser Legislatur umgesetzt wird. Dies haben wir im Juni 2022 bereits im Rahmen eines Offenen Briefs an die Bundesministerin Lisa Paus bekräftigt.