Mehr Gleichstellungspolitik wagen: Editorial von BFM Geschäftsführer Dr. Dag Schölper
Editorial von Geschäftsführer Dr. Dag Schölper aus dem Mitgliedernewsletter BFM Intern 3/2023. Themen sind die Ergebnisse der vom BFM in Auftrag gegebenen Studie „Männerperspektiven“ und die erfolgreiche Bewilligung es neuen Projekts “Nachhaltige Männlichkeit stärken – toxische Männlichkeit überwinden”.
In den vergangenen Wochen war politisch einiges los. Still wurde es hingegen um gleichstellungspolitische Vorhaben der Bundesregierung, die auch für Jungen, Männer und Väter eine Relevanz haben.
Ob Vaterschaftsfreistellung, Unterhaltsrecht, Abschaffung des Ehegattensplittings, Lohnersatzleistung für Angehörigenpflege, Selbstbestimmungsgesetz oder die Kindergrundsicherung – bei keinem dieser Vorhaben hat es die Ampelkoalition geschafft, entscheidende Schritte voranzukommen oder bleiben die vorliegenden Gesetzentwürfe hinter den Erwartungen weit zurück.
Wie wichtig eine aktive und effektive Gleichstellungspolitik für Männer wäre, hat zuletzt auch unsere Studie „Männerperspektiven“ unterstrichen, die wir am 17. November vorgestellt haben. Darin haben 84 Prozent der befragten Männer angegeben, dass sie Gleichstellung wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt finden. Gleichzeitig sagten gut Zweidrittel, dass die Gleichstellungspolitik die Bedürfnisse und Anliegen von Männern nicht ausreichend berücksichtige und ungefähr die Hälfte findet, dass auch mit Blick auf Frauen noch nicht genügend getan werde.
Die gleichstellungspolitische Strategie muss weiterentwickelt werden
Daraus ergibt sich ein klarer Auftrag an “die” Politik. Die gleichstellungspolitische Strategie muss tatsächlich weiterentwickelt werden. Sie muss dezidiert auch Männer in ihren unterschiedlichen Bedarfslagen wahrnehmen und mit passenden Maßnahmen darauf reagieren. Tut sie das nicht, so ist zu befürchten, dass sich die Tendenz verstärkt und mehr Männer zu Skeptikern oder sogar zu Gegnern einer aktiven Gleichstellungspolitik werden. Ein gefundenes Fressen für populistische Akteure, um Ressentiments zu bedienen, bewusst zu spalten und vermeintlich einfache Lösungen anzubieten.
Beunruhigend ist, dass gerade unter jungen Männern, mit einem Viertel der unter 30-jährigen, die Distanz zu Gleichstellung am weitesten verbreitet zu sein scheint. Um die Ursachen besser zu verstehen, haben wir das DELTA-Institut gebeten, eine Sonderauswertung mit Fokus auf die jungen Männer vorzunehmen.
Angesichts der aktuellen haushaltspolitischen Lage freuen wir uns sehr, dass wir in 2024 mit unserem neuen 3-jährigen Projekt “Nachhaltige Männlichkeit stärken – toxische Männlichkeit überwinden” durchstarten können. Nun aber wünsche ich Euch und Ihnen eine anregende Lektüre, einen möglichst stressfreien Jahresausklang und schöne Feiertage!
Herzliche Grüße im Namen der gesamten Geschäftsstelle und des Vorstands
Ihr und Euer Dag Schölper