42 Verbände – darunter auch das Bundesforum Männer – fordern in einem Offenen Brief an die Bundesregierung sowie die Bundestagsabgeordneten der Regierungsparteien eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs nach gesundheitsförderlichen, verfassungsrechtlichen und menschenrechtlichen Gesichtspunkten

Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, sehr geehrte Bundesministerinnen und Bundesminister, sehr geehrte Bundestagsabgeordnete der Regierungsparteien,

wir fordern Sie auf, noch in dieser Wahlperiode einen Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zur Beratung und Abstimmung im Bundestag vorzulegen.

Aktuelle Forschung zu den Erfahrungen ungewollt Schwangerer in Deutschland zeigt: Der Schwangerschaftsabbruch wird stigmatisiert und die Versorgungslage ist vielerorts unzureichend. Jedoch wären mehr Gynäkolog*innen bereit Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, wenn sich die Rahmenbedingungen verbessern würden. Sie sehen den § 218ff StGB als wesentlichen Teil des Problems. Der Bericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin zeigt auf, dass Gesetzesänderungen zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs notwendig und verfassungsrechtlich möglich sind. Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs mindestens in der Frühphase der Schwangerschaft ist nicht haltbar.

Wir halten fest, was sich aus unserer Sicht nicht bestreiten lässt: Der § 218 StGB ist kein guter Kompromiss. Eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs im Sinne einer guten Gesundheitsversorgung ist dringend geboten und auch machbar. Lebensschutz kann und muss mit anderen Mitteln umgesetzt werden.

Laut aktuellen Meinungsumfragen durch das BMFSFJ findet die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, dass Schwangerschaftsabbrüche künftig nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt werden sollten.

Evidenz der Problemlage, Lösungsansätze und eine breite gesellschaftliche Unterstützung sind gute Voraussetzungen dafür, im Bundestag eine parlamentarische Mehrheit für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zu erreichen.

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag formuliert: „Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her.“ In diesem Frühjahr wurde das Grundgesetz 75 Jahre alt – und mit ihm der Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3, der trotz staatlicher Verpflichtung immer noch nicht vollumfänglich umgesetzt wird. Angesichts aktueller Entwicklungen und bevorstehender Wahlen erwarten wir von Regierung und demokratischen Parlamentarier*innen dringend, Menschen- und Frauenrechte vor Demokratiefeinden zu verteidigen, zu schützen und abzusichern. Dazu gehört auch, dass Sie sich aktiv für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs einsetzen!

Unsere Verbände und Organisationen sichern Ihnen ihre Unterstützung für die Konzeption und Umsetzung einer zielführenden gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs nach gesundheitsförderlichen, verfassungsrechtlichen und menschenrechtlichen Gesichtspunkten zu.