Berlin | 13. März 2020

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau, zur Flexibilisierung und Vereinfachung des Elterngeldes (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) vom 14. Februar 2020.

Das Bundesforum Männer befürwortet grundsätzlich das mit der Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes verfolgte Ziel, Paaren und Alleinerziehenden noch mehr Freiräume zu ermöglichen, um Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Flexiblere Nutzungsmöglichkeiten des Elterngeldes sind dazu ein wichtiger Beitrag.

Insgesamt greifen die vorgesehen Änderungen aus unserer Sicht aber deutlich zu kurz und die Novellierung verbleibt bei Verbesserungen im Detail. Das Bundesforum Männer bedauert, dass hier nicht größere Reformschritte möglich waren.

Mit Bezug auf die UN-Agenda 2030 hat das BMFSFJ Fortschrittsziele und Indikatoren für eine nachhaltige Familienpolitik aufgestellt. Diese „folgen der Erkenntnis, dass gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wesentliche Basis für die Realisierung partnerschaftlich ausgerichteter Lebensentwürfe sind, die sich wiederum mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv auf die Chancen von Familien, ihre wirtschaftliche Stabilität so wie das Wohlergehen von Kindern auswirken.“[1] Ein konkretes Ziel in dieser Hinsicht ist, dass sich die Müttererwerbstätigkeit der Vätererwerbstätigkeit weiter annähern soll. Die Differenz der Erwerbstätigenquoten beträgt derzeit über 20 Prozent; zudem ist die Teilzeitquote von Müttern im Vergleich zu Vätern deutlich höher. Erwerbs- und Sorgearbeit sind nach wie vor sehr ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt. Darauf weist auch der Gender Care Gap hin, der im Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung erstmals ausgewiesen wurde. Bei Müttern und Vätern in Paarhaushalten mit Kindern beträgt er demnach 83 Prozent.

Um einer solchen Zielvorstellung familien- und gleichstellungspolitisch näher zu kommen, wäre aus unserer Perspektive eine große Elterngeldreform notwendig und wünschenswert gewesen, die vor allem die Partnermonate ausdehnt. Dies, um einerseits stärkere Anreize für Väter zu setzen, Elterngeld zu beziehen und dafür auch eine längere Phase in Elternzeit zu gehen und andererseits, um damit verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, an denen sich auch Arbeitgeber/innen ausrichten müssten. Eine der weiteren konkreten Zielsetzungen aus der Agenda 2030 zur nachhaltigen Familienpolitik, dass jeder zweite Vater bis 2030 Elternzeit nehmen und Elterngeld beziehen soll, halten wir vor diesem Hintergrund für zu schwach formuliert. Diese Zielmarke dürfte auch ohne weitere politische Interventionen erreicht werden, wenn die Entwicklung der Väterbeteiligung an der Elterngeldnutzung so fortschreitet, wie sie sich seit Einführung des Elterngeldes 2007 entwickelt hat (nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegt die Väterbeteiligung derzeit bereits bei über 40 Prozent).

Gleichwohl wollen wir im Folgenden auf zentrale in der aktuellen Reform des Elterngeldes vorgesehene Änderungen kurz eingehen:

  1. Ausweitung der im Elterngeldbezug zulässigen Arbeitszeit auf 32 Wochenstunden (§ 1 Abs. 6 BEEG). Dies entspricht in etwa einem Stellenumfang von 80 Prozent und wird vor allem Väter weiter ermutigen, über einen Elterngeldbezug kombiniert mit vollzeitnaher Teilzeitbeschäftigung nachzudenken. Wir halten diese Anpassung daher für einen richtigen Schritt, ebenso wie die entsprechende Flexibilisierung bei der Elternzeitregelung. Der Einfachheit halber plädieren wir allerdings dafür, dann die Elternzeit insgesamt ebenfalls an die Obergrenze 32 Wochenstunden anzupassen, statt hier differenzierte Sachverhalte zu schaffen (32 Wochenstunden bei Elterngeldbezug, ansonsten 30 Wochenstunden), die die ohnehin bereits komplexe Materie des BEEG für Eltern weiter verkompliziert (§ 15 Abs. 4 BEEG).
  2. Anspruch auf einen zusätzlichen Basiselterngeldmonat bei Frühgeburten (§ 4 Abs. 5 BEEG). Eine Frühgeburt vor der 34 SSW stellt Väter und Mütter vor erhebliche Belastungen und ein zusätzlicher Elterngeldmonat ist aus unserer Sicht ein passendes und sinnvolles Angebot, diesen Mehraufwand partnerschaftlich bewältigen zu können.
  3. Änderungen bei den Partnerschaftsbonusmonaten (§ 4b BEEG). Die Ausweitung des Arbeitszeitkorridors als Anspruchsvoraussetzung für Partnerschaftsbonusmonate auf 24 bis 32 Wochenstunden, die Verringerung der Mindestzahl von vier auf zwei Monate und die Reduzierung des Rückzahlungsrisikos in §4b Abs. 5 sind sinnvolle Maßnahmen, um die Nutzungsflexibilität der Partnerschaftsbonusmonate zu erhöhen. Dies senkt die Hürden, eine partnerschaftliche Aufgabenteilung zu versuchen und kann die Entscheidung erleichtern, Partnerschaftsbonusmonate in Anspruch zu nehmen. Wünschenswert wäre allerdings aus unserer Sicht, die Untergrenze bis zu einer Wochenstundenzahl von 19 bzw. 20 Std. abzusenken, um auch Beschäftigten mit einem Arbeitszeitumfang von 50% der regulären Arbeitszeit zu ermöglichen, Partnerschaftsbonusmonate zu beantragen, gerade in Konstellationen, in denen bspw. der/die Partner/in die eigenen Arbeitszeiten von Vollzeit auf unter 32 Stunden reduziert.
  4. Geringfügige selbständige Nebeneinkünfte bei abhängig Beschäftigten (§ 2b Abs. 4 BEEG). Begrüßenswert ist, dass mit dieser Regelung für abhängig Beschäftigte mit sehr geringfügigen Nebeneinkünften eine Lösung gefunden wurde, nicht unter die Regelung für den Bemessungszeitraum von Selbständigen bzw. Mischeinkünften zu fallen. Allerdings handelt es sich dabei um einen so geringen Betrag (€ 35,- pro Kalendermonat), dass die Regelung u.E. an der Realität der vielen Beschäftigten mit atypischen Beschäftigungsverhältnissen, unsteten Erwerbsverläufen und unterschiedlichen Einkommensquellen vorbei geht. Hier wäre eine grundsätzliche Lösung wünschenswert, bspw. so, dass sich die antragstellenden Eltern mit Mischeinkünften entscheiden können, welcher Bemessungszeitraum in ihrem Fall zum Tragen kommen soll (12 Monate vor Geburt vs. letztes abgeschlossenes Wirtschaftsjahr).

Fazit

Die jetzt vorgeschlagenen Neuregelungen sind an den jeweiligen Stellen sinnvoll, bleiben aber vor dem Hintergrund des Anspruchs, Weichenstellung für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung zu sein, hinter den Erwartungen zurück. Als Bundesforum Männer sehen wir – insb. mit Blick auf eine größere Väteraktivierung und Beteiligung an Elterngeld und Elternzeit – weiteren  Entwicklungsbedarf vor allem in folgenden Punkten:

  • Ausweitung der Partnermonate – bspw. auf vier Monate, wie im Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung empfohlen oder wie in der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie verankert,
  • Anpassung der Unter- und Obergrenzen des Elterngeldes (Mindest- und Höchstbetrag) an den Preis- bzw. Lohnentwicklungsindex,
  • Erleichtere Regelungen für den Elterngeldbezug von Getrennterziehenden – sei es von Eltern, die sich als Paar getrennt haben, sei es von Eltern, die verschiedene Wohnorte haben, und die jeweils gemeinsam Verantwortung für ihr Kind übernehmen und in diesem Rahmen Elterngeld beantragen wollen,
  • Einführung einer bezahlten Vaterschaftsfreistellung unmittelbar nach der Geburt als einer gesonderten familienpolitischen Leistung, wie sie im Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung empfohlen wird und wie sie in der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie verankert ist.

Die bisherigen Erfahrungen mit der Elterngeldnutzung von Vätern haben gezeigt, dass die gesetzten Anreize wirksam sind, vor allem aber genau das an Verhaltensänderungen bewirken, was als individueller Anspruch bei Nichtinanspruchnahme verfallen würde. Insofern wäre eine große Reform im Sinne der oben genannten Vorschläge ein wichtiger Schritt, um bei der partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern substantiell weiter voran zu kommen.

[1] BMFSFJ (2019): Agenda 2030 – Nachhaltige Familienpolitik, Berlin