Letzte Woche hat ein Werbespot von EDEKA zum Muttertag, der von der Agentur Jung von Matt umgesetzt wurde, in den sozialen Netzwerken für Furore gesorgt. Werbung ist Werbung. Als Dachorganisation ist man gut beraten, nicht jeden einzelnen problematischen Clip zu bewerten, denn damit verschafft man den Werbestrategen nur die Erfolge, auf die sie mit ihrer kalkulierten Provokation schielen.

Wenn aber eine kritische Grenze überschritten ist, braucht es in der Sache gleichwohl eine klare Haltung. Als Bürger_innen und Konsument_innen sind wir nicht länger gewillt, mit solch reaktionären Klischees behelligt zu werden. Hier wurde eindeutig eine Grenze überschritten. Weil eine der größten Einzelhandelsketten mit einer massiv abwertenden Kampagne Menschen an die Registerkassen locken will.

Seitdem der Clip in der Woche vor Muttertag online ging, hat das Bundesforum Männer über seine sozialen Netzwerk-Kanäle mehrfach dazu Stellung bezogen. Wir finden es nicht hinnehmbar, dass EDEKA im Jahr 2019 sich dieser stereotypen Geschlechterbilder bedient und Mütter und Väter gegeneinander ausspielt. Das ist Sexismus in alle Richtungen. Abgewertet wurden im Muttertags-Clip zuerst und ganz unmittelbar Väter. In zweiter Linie werden aber auch Mütter auf eine Rolle festgeschrieben, die so gar nicht mehr ins 21. Jahrhundert passt. Dies haben weder Väter, Mütter noch Kinder verdient.

Nach dem Muttertag ist vor dem Muttertag

Die Tatsache, dass EDEKA als Einzelhandelsriese bei einer Werbekampagne im Jahr 2019 noch mit diesen alten Geschlechterbildern arbeitet, ist für alle ein Schlag ins Gesicht, die sich tagtäglich um ein neues partnerschaftliches Miteinander der Geschlechter und um eine egalitäre Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit bemühen – sei es in der Familie, in der Politik oder in der Gesellschaft. Gerade deshalb gilt: Ja, Sorgearbeit wird noch immer überwiegend von Müttern übernommen. Aber statt einmal im Jahr dafür an Muttertag Danke zu sagen, müssen wir mit vereinten Kräften daran weiterarbeiten, die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern, dass neue partnerschaftliche Geschlechtermodelle für Mütter und Väter möglich sind.

Dazu zählt beispielsweise politisch deutlich zu machen, dass Väter in der Erziehung ihrer Kinder von Anfang an eine wichtige Rolle einnehmen, etwa durch Einführung einer Vaterschaftsfreistellung nach der Geburt. Oder, dass es normal wird, dass Mütter wie Väter bei der Geburt eines Kindes gleichermaßen langfristig beruflich „kürzer“ treten. Nicht zuletzt brauchen wir eine neue Unternehmens- und Wirtschaftskultur – mit einer neuen Bewertung von Familien- und Sorgearbeit. Dann kann EDEKA mit solch reaktionären Werbespots einpacken – oder sich dazu entscheiden, offensiv mit neuen Geschlechterbildern in der Werbung voranzugehen.

 Nachtrag (27.05.2019) – Werberat rügt Muttertagsspot

In einer Pressemitteilung vom 24.05.2019 informiert der Werberat darüber, dass er den EDEKA-Muttertagsspot öffentlich rüge und dass bei ihm über 750 Beschwerden gegen den Werbeclip eingegangen seien.