Rund 18% oder fast 25.000 Männer waren Opfer versuchter und vollendeter Partnerschaftsgewalt in 2017. Bei vollendetem Mord und Totschlag waren es 32 Männer oder 18.5% von insgesamt 173 Personen. Insbesondere bei vollendeter schwerer Körperverletzung (3.964 Personen = 27,6%) und vorsätzlicher einfacher Körperverletzung (15.642 Personen = 19%) waren Männer überdurchschnittlich betroffen.

Beratung und Hilfe

Auch wenn Frauen von Partnerschaftsgewalt am stärksten betroffen sind, so sind Männer doch eine relevante Gruppe. Ebenso wie bei Frauen dürfte auch hier die Dunkelziffer weitaus größer sein, wenn auch oftmals aus unterschiedlichen Gründen. Viele Männer bringen die Taten nicht zur Anzeige: aus Scham, aus einem traditionellen männlichen Verständnis, weil sie die Hilflosigkeit der Opfererfahrung nicht mit ihrem männlichem Selbstbild oder den Erwartungen ihres sozialen Umfeldes in Einklang bringen können oder weil sie die Partnerin nicht belasten wollen. Verstärkend wirkt, dass männliche Verletzungsoffenheit insbesondere im Bereich der Partnerschaftsgewalt gesellschaftlich immer noch tabuisiert und nicht anerkannt wird.
Wir brauchen auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene qualifizierte und niedrigschwellige Hilfestrukturen für betroffene Männer, die gender- und männlichkeitsreflektiert arbeiten. Männer können sich auch an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden, aber viele Betroffene haben Widerstände, ein Hilfetelefon für Frauen in Anspruch zu nehmen. Daneben bleibt die Frage, an welche Beratungsstelle oder Schutzwohnung die Beraterinnen der Hotline die betroffenen Männer bei Bedarf verweisen sollen? Beratungsstellen für Männer als Opfer von Partnerschaftsgewalt gibt es nur wenige und diese sind chronisch unterfinanziert. Nicht alle Beratungsstellen in der Opferhilfe haben eine männerspezifische Perspektive auf männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt, Schutzwohnungen für Männer lassen sich an 1-2 Händen abzählen.
Deshalb fordert die Resolution der „Fachtagung Gewalt gegen Männer in Beziehungen – von der Scham zur Hilfe!“ vom Weißen Ring Berlin und der Opferhilfe Berlin verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärungsmaterial für männliche Betroffene, mehr Finanzmittel, Angebote für Beziehungspartner und insbesondere eine repräsentative wissenschaftliche Studie über Gewalttaten gegen Männer.

Männer als Täter

Sind Männer bei den Opfern von Partnerschaftsgewalt mit 18% die kleinere Gruppe, so ist ihr Anteil bei den Tätern mit ca. 80% am größten. Auch hier brauchen Männer Hilfe und Unterstützung, um aus dem Kreislauf der Gewalt herauszukommen. Männer müssen lernen, das Recht auf psychische und physische Unverletzbarkeit von Frauen anzuerkennen und in Konflikten und Krisen kein Täter zu werden. Männlichkeit und Gewalt waren und sind historisch und kulturell eng miteinander verknüpft und dies spiegelt sich auch in vielschichtiger Weise auf individueller Ebene wider. Hier sind traditionelle Männlichkeitsvorstellungen, in welchen Männern keine Schwäche- und Unsicherheitsgefühle zugestanden werden, eher Teil des Problems als der Lösung. Vorhandene Unterstützungs- und Hilfestrukturen, wie z.B. die in der BAG-Täterarbeit Häusliche Gewalt zusammengeschlossenen Beratungsstellen, die Männerberatung des SKM, Angebote der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen und anderer Beratungsstellen müssen gesichert und ausgebaut werden.