Männern den Weg in die Vaterrolle ebnen? Die EU könnte dafür wichtige Impulse setzen. Am 21. Juni 2018 hat sich der Europäische Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ mit dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigt. Der Rat hat sich auf eine allgemeine Ausrichtung geeinigt. Im nächsten Schritt muss nun das Europäische Parlament darüber abstimmen. Mit dem Beschluss der „allgemeinen Ausrichtung“ ist der Weg frei für den Fortgang des Gesetzgebungsprozesses. Allerdings wurden die ursprünglichen Eckpunkte des Richtlinienvorschlags deutlich abgeschwächt.

Das Bundesforum Männer begrüßt ausdrücklich, dass EU-weit ein zweiwöchiger Vaterschaftsurlaub rund um die Geburt eingeführt werden soll. Kritisch sieht das Bundesforum Männer allerdings, dass der Rat bei der Höhe der Ausgleichsleistungen im Ungefähren bleibt und die Regelung den Nationalstaaten überlässt.

Aus deutscher Sicht ist der im Richtlinienentwurf zugleich vorgesehene Anspruch auf bezahlten „Elternurlaub“ bereits durch das 2007 eingeführte Elterngeld mit den nicht übertragbaren zwei Partnermonaten verwirklicht. Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag hätte Vätern in Deutschland allerdings eine Ausweitung ihres Anspruchs auf bezahlte „Väterzeit“ gebracht. Das wurde durch den Ministerrat nun bedauerlicherweise deutlich abgeschmolzen. Statt vier Monaten bezahlter Elternzeit pro Elternteil, die nicht auf das jeweils andere Elternteil übertragbar sind, sollen nun lediglich zwei Monate nicht übertragbar und davon nur mindestens 1 ½ Monate bezahlt sein. Zudem sollen die Mitgliedstaaten auch hier frei über die Höhe der Bezahlung bestimmen können. Hier hätte sich das Bundesforum Männer deutlich mehr politischen Gestaltungswillen erhofft. Die Richtung stimmt, die vorgesehenen Regelungen gehen aber nicht weit genug.

Dadurch ist  die Chance vertan worden, auf europäischer Ebene neue gleichstellungspolitische Maßstäbe zu setzen. Denn vor allem nicht übertragbare und mit einer substantiellen Einkommensersatzleistung ausgestattete Elternzeitmonate setzen hohe Anreize für Väter, diese Leistung auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Zudem sind solche Rechtsansprüche auch für die Arbeitgeberseite ein überzeugendes Argument, dem Wunsch von Männern auf mehr Teilhabe am Familienleben zu entsprechen.

Gleichstellungspolitisch gilt, für Deutschland wie für Europa insgesamt, dass Männer in ihrer Familienrolle gestärkt werden müssen und Frauen in ihrer Erwerbsrolle. Eine stärker paritätische Ausgestaltung der nicht übertragbaren Partnermonate beim Elterngeld wäre dafür hilfreich und wünschenswert. Auch der Zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung hat das klar unterstrichen – und die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie in ihrer ursprünglichen Form hätte hier ein wichtiger Motor sein können. Umso enttäuschender ist es, dass die Bundesregierung in den Ratsverhandlungen nicht offensiv in diese Richtung vorangegangen ist.

Immerhin: Wenn die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie in ihrer aktuellen Form am Ende beschlossen werden sollte, heißt das für Deutschland, dass mit dem Vaterschaftsurlaub perspektivisch eine neue familienpolitische Leistung eingeführt werden wird. Das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung!

Aus Sicht des Bundesforum Männer darf dann allerdings nicht passieren, dass der Vaterschaftsurlaub mit den vorhandenen zwei Partnermonaten beim Elterngeld „verrechnet“ wird. Das wäre letztlich eine Mogelpackung, die den Sinn und Zweck einer Vaterschaftsfreistellung rund um die Geburt konterkariert. Eine solche Auszeit für Väter muss zusätzlich zu Elterngeld und Partnermonaten kommen. Denn nur dann macht sie deutlich: Auch Väter sind wichtig und gefragt, wenn es um Familie und Vereinbarkeit geht. Sie gehören von Anfang an dazu, nicht nur als Ernährer der Familie sondern ebenso als sorgendes Elternteil. Hier sollte die Bundesregierung ihren Zweiten Gleichstellungsbericht ernst nehmen, der als empirischen Befund festhält: Je früher Väter Verantwortung in Erziehung und Betreuung übernehmen, desto eher steigen die Chancen darauf, dass sie dauerhaft zu aktiven Vätern werden. Dies kommt unmittelbar auch den Müttern und Kindern zugute und ist ein wesentlicher Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter.

Zum Hintergrund: Im April 2017 hat die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige vorgelegt. Nach der Einigung des Ministerrates, steht nun eine erneute Beratung und Abstimmung dazu im Europäischen Parlament an, möglicherweise bereits im Juli 2018. Sobald eine Einigung erzielt ist, kann die Richtlinie endgültig verabschiedet werden. Der zeitliche Spielraum dafür bis zur Europawahl im Frühjahr 2019 besteht. Für die Umsetzung in nationales Recht steht in der Regel ein Zeitraum von zwei Jahren zur Verfügung, das heißt die Umsetzung müsste im Falle einer Verabschiedung noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen.